Der 125-Minuten-Spielfilm „Father Stu“ war zu Ostern 2022 bereits in den Kinos der USA angelaufen, allerdings fiel er beim klassischen christlichen Publikum in Amerika eher weniger auf fruchtbaren Boden: Die im Film verwendete Sprache war dann doch zu heikel für die in dieser Hinsicht empfindlichen Ohren der Evangelikalen.
Und in der Tat, zumindest was die Sprache angeht, ist der Film alles andere als heilig, es wird geflucht und das F-Wort verwendet, dass es für fromme Amerikaner ein Graus sein muss. „Father Stu“ wurde als nicht geeignet für Kinder unter 17 Jahren eingestuft.
Im September lief der Film dann im amerikanischen Netflix an. Schon nach wenigen Wochen landete er dort unter den zehn beliebtesten Filmen des Streamingportals. Nun bekommt der Film eine neue Chance: Am 9. Dezember kommt „Father Stu“ in einer überarbeiteten Version erneut in die amerikanischen Kinos. Diese Version soll für Kinder ab 13 Jahren geeignet sein. Deutsche Zuschauer können den Film bei Prime Video (9,99 Euro) oder Apple+ (11,99 Euro) kaufen. Apple+-Kunden können den Film ab 8. Dezember auch leihen.
Wahlberg betete jeden Tag für den Film
Wer sich von den „strong words“, den vielen Flüchen und sexuellen Anspielungen (die in Europa traditionell weniger für Anstoß sorgen als in Amerika) nicht abschrecken lässt, sieht einen Film mit enormer Aussagekraft und einer starken christlichen Botschaft.
Mark Wahlberg hat nach eigener Aussage mehrere Millionen Dollar eigenes Kapital in die Produktion des Films gesteckt. Er habe das Projekt vielen Produzenten vorgestellt, doch keiner habe das Potenzial gesehen, sagte er dem People-Magazin. Ein Kritiker schrieb, der Film sei für das klassische evangelikale Publikum wohl zu rau.
Der 50-jährige Wahlberg sagte im Interview mit dem Magazin People: „Ich habe jeden Tag dafür gebetet, dass dieser Film gemacht wird. Gott wollte, dass ich diesen Film mache.“ Er habe ihn mit Talenten gesegnet, und die wolle er für die wichtige Botschaft des Films einsetzen. Auch Mel Gibson habe 2004 eigenes Geld in „Die Passion Christi“ investiert, um diesen glaubensbasierten Film zu machen. Das habe ihn sehr beeindruckt, so Wahlberg. „Die Passion war sozusagen Gibsons Liebesbrief an Gott. Das hat mich inspiriert.“ Er wolle in Zukunft weitere Filme über den Glauben machen, sagte er im Interview mit dem Branchenblatt ET.
Kraftvoll für Gott auch ohne Muskeln
Der Film „Father Stu“ basiert auf der wahren Geschichte des Boxers Stuart Long, der katholischer Priester wurde. Seine erzählenswerte Geschichte setzte Wahlberg voller Einfühlungsvermögen, Humor und Tiefgründigkeit um. Der Film lebt von der meisterlichen Leistung seiner Hauptdarsteller, von originellen Dialogen sowie einer exzellenten Musikauswahl. Nebenbei ist die Story, so traurig sie auch ist, witzig erzählt.
Stu (gespielt von Wahlberg) ist ein harter Kerl. Er kommt aus einer ziemlich kaputten Familie, sein Vater hält ihn für einen Versager, die Eltern sind geschieden, das Trauma des frühen Todes seines jüngeren Bruders sitzt tief. Nur beim Boxen blüht Stu so richtig auf.
Anfangs kann er sich seinen Lebensunterhalt mit Kämpfen verdienen, doch gesundheitliche Probleme zwingen ihn, das Boxen aufzugeben und stattdessen hinter der Fleischtheke eines Supermarktes zu arbeiten. Dort lernte er die sehr gläubige junge Katholikin Carmen kennen. Er verliebt sich nicht nur in sie, sondern kommt so auch mit dem katholischen Glauben in Kontakt. Das Zusammentreffen dieses Haudraufs mit der Welt der Kirche entbehrt nicht einer gewissen Komik. Und so bekommt auch Jesus selbst – Achtung, Symbolik! – zumindest in Form einer Statue anfangs von Stu eins auf die Nase.
Doch das Verhältnis zwischen dem kantigen Stu, der nicht so recht in die Welt des theologischen Seminars passen will, und Jesus verbessert sich. Ebenso wie sein Verhältnis zu seinem alkoholkranken Vater (perfekt besetzt mit Mel Gibson, ebenso wunderbar: Jacki Weaver als Stus Mutter).
In einer Bar spricht auf einmal ein Mann Stu an, der ein bisschen wie eine heruntergekommene Jesus-Figur wirkt. Niemand hat ihn zuvor in der Bar gesehen, er trinkt nur Wasser. „Das Leben gibt Dir eine Menge Gründe, wütend zu sein“, sagt er zu Stu, „aber es bedarf nur eines Grundes, um dankbar zu sein.“ Er zeigt dabei in den Himmel. „Du bist niemandem etwas schuldig. Aber du hast eine Chance.“
Ein schwerer Unfall, der Stu fast das Leben kostet, krempelt den ehemaligen Draufgänger komplett um. Ihm wird die Bedeutung Gottes klar, und die wichtigste Botschaft: Wir können nicht jemand anderes werden, sondern müssen erkennen, wie Gott uns so, wie wir sind, gebrauchen kann. Und selbst so einen harten Brocken wie Stu kann Gott annehmen – und sogar gebrauchen.
Einen ehemaligen Boxer kann Gott sicher gebrauchen. Das ist aber zunächst nur Stu selbst klar, nicht seinem Umfeld. „Um einen Kampf zu gewinnen, muss man sein tierisches Gehirn ausschalten und seinen Verstand benutzen“, sagt Stu, „man braucht Logik, Demut und ein gutes Urteilsvermögen. Das brauchen die Menschen. Ich kann helfen.“ Seine völlig glaubensferne Familie fällt aus allen Wolken. Als seine Mutter ihn fragt, was los sei, antwortet Stu „Können wir ein anderes mal darüber reden?“ Die Mutter: „Machst Du einen Porno?“ Stu: „Nein, ich werde Priester.“ Mutter: „Für Halloween?“
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Seine Bewerbung beim priesterlichen Seminar lehnt der Monsignore (erfreulicherweise gespielt vom wunderbaren Malcolm McDowell) zunächst ab, er erkennt dann jedoch das Potenzial des ungewöhnlichen Gläubigen. Immerhin waren – man denke nur an den heiligen Augustinus und den Heiligen Franziskus – viele der wichtigsten Personen der Kirchengeschichte geläuterte Menschen. „Was die Kirche braucht, ist jemand, der für Gott kämpft“, sagt Stu. „Und genau das ist meine Aufgabe.“
Der Kampf, den Stu dann für seine Kirche und seinen Glauben, führt, ist bemerkenswert und äußerst sehenswert. Seine Predigten haben es in sich. Niemandem glaubt man mehr, wenn er über Vergebung spricht, als dem, der selbst Umkehr und Vergebung bitter nötig hatte. Der Film bekommt im letzten Drittel eine weitere Tiefe dadurch, dass Gott Stu, dem einst starken Boxer, ausgerechnet eine unheilbare, meistens tödlich verlaufende Muskelerkrankung schickt. Aber ein Boxer hat bekanntlich nicht dann verloren, wenn er hinfällt, sondern nur, wenn er nicht mehr aufsteht.
„Father Stu“ ist eine sehenswerte Geschichte über die Beziehung Stus zu seinem echten Vater, aber auch über die zu seinem himmlischen Vater. Ein Film von so hoher Qualität, dass man gerne noch weitere Filme dieser Art von Wahlberg erwartet.