In der Debatte über Kuppelkreuz und Bibel-Inschrift auf dem Berliner Humboldt-Forum hat der Vorsitzende des Fördervereins Berliner Schloss, Richard Schröder, vor Fehlinformationen gewarnt. Die geplante Informationstafel auf der Besucherterrasse des Humboldt-Forums liefere „eine klassenkämpferische Deutung“ der Kuppel, die einer kritischen Überprüfung nicht standhalte, sagte Schröder in Berlin dem epd.
Bibelzitate und Kuppelkreuz erklärten sich daraus, dass sich Friedrich Wilhelm IV. dort eine neue Schlosskapelle errichten ließ. Die Aufschrift auf der geplanten Infotafel, nach der der Mitte des 19. Jahrhunderts im Schloss errichtete Sakralraum eine Absage an die bürgerliche Forderung nach einer Verfassung gewesen sei, sei falsch. „Dieser Zusammenhang ist frei erfunden“, so Schröder.
„Dieser Kapellenbau begann bereits vier Jahre vor dem Revolutionsjahr 1848. Der König hat dort seinen persönlichen religiösen und ästhetischen Auffassungen Ausdruck verliehen“, betonte der 78-jährige Theologe und Philosoph.
Die Bezugskirche für den König als oberster Bischof seiner Landeskirche und die problematische Verbindung von „Thron und Altar“ sei der Berliner Dom gegenüber gewesen und nicht die Schlosskapelle.
Das Berliner Schloss habe, „wie wohl alle Burgen und Schlösser, immer eine Kapelle, als privaten Andachtsraum des Schlossherrn“ gehabt. Schröder ist emeritierter Theologieprofessor der Berliner Humboldt Universität und war 1990 SPD-Fraktionsvorsitzender in der freigewählten DDR-Volkskammer.
Kritik an Bibelversen
Die bronzene Informationstafel, die voraussichtlich noch im Frühjahr errichtet werden soll, dient laut Humboldt Forum zur „Kontextualisierung“ und historischen Einordnung der umstrittenen Bibelzitate und des Kuppelkreuzes.
Auch heute sei die detailgetreue Rekonstruierung der Kuppel umstritten, heißt es im Entwurfstext für das Bronzerelief: „Der König behauptete mit der Inschrift einen Alleingültigkeits-und Herrschaftsanspruch des Christentums. Davon distanzieren sich alle Institutionen im Humboldt-Forum ausdrücklich.“ Sie verstünden die Kuppel als bauhistorisches Zitat im Rahmen der Schlossrekonstruktion.
„Sie erkennen aber auch deren gesellschaftliche Problematik und werden sich mit dieser in ihrer Programmarbeit kritisch auseinandersetzen“, heißt es weiter.
Schröder kritisierte weiter, dass auf der Infotafel die aus Bibelzitaten bestehe Kuppelinschrift als „Provokation“ der Toten der 1848-er Revolution gewertet werden: „Die Fachliteratur weiß nichts davon, dass die Inschrift damals als Provokation verstanden wurde.“ Auch dem vermeintlichen „Herrschaftsanspruch des Christentums“, der aus einem Bibelzitat zu lesen sei, widersprach Schröder.
Das Neue Testament kenne keine Weltherrschaftsermächtigung für Christen und auch keine Aufforderung zur Unterwerfung Ungläubiger: „Es kennt nur einen Missionsbefehl, durchs Wort, nicht durch Gewalt.“
Der zweite Teil der Kuppel-Inschrift stammt aus dem Philipper-Brief (2,10) und lautet: „Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“
Laut Schröder besagt die Bibelstelle: „Gott habe den am Kreuz erniedrigten Jesus zum Herrn des Kosmos erhöht, vor dem sich aller Knie beugen. Das heißt: auch die des Königs. Er verstand sich tatsächlich als rechenschaftspflichtig gegenüber Gott.“
5 Antworten
„Kritik an Bibelversen“?
Letztendlich geht des denen, die das Kreuz und die Bibeltexte hier ablehnen um ihre eigene ideologisch-feindselige Haltung gegen Christen, gegen Glauben, gegen Kirche, gegen Christus.
Dass sie dabei nicht vor Lügen zurückschrecken, das entlarvt zusätzlich, wes Geistes Kind sie sind.
Hier ein Text von Richard Schröder zum Thema, veröffentlicht in der NZZ:
https://www.nzz.ch/feuilleton/humboldt-forum-mit-kruder-weltsicht-zum-interkulturellen-dialog-ld.1667563
(Richard Schröder, Philosoph und evangelischer Theologe, ist emeritierter Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er war in der letzten, frei gewählten DDR-Volkskammer Fraktionsvorsitzender der SPD, von 2003 bis 2018 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Nationalstiftung und ist Vorsitzender des Fördervereins Berliner Schloss.)
Historische und theologische sind hierzulande zur Mangelware geworden. Es gibt ein chinesisches Sprichwort, das lautet: „Jeder ist seiner (eigenen) Zeit ähnlicher als seinem Vater.“ Die Infotafel ist zeitgeistiges Framing und gibt damit mehr Auskunft über den aktuellen inneren Zustand unserer Gesellschaft als über die historische Kuppel samt Inschrift.
Historische und theologische Bildung sind hierzulande zur Mangelware geworden. Es gibt ein chinesisches Sprichwort, das lautet: “Jeder ist seiner (eigenen) Zeit ähnlicher als seinem Vater.” Die Infotafel ist zeitgeistiges Framing und gibt damit mehr Auskunft über den aktuellen inneren Zustand unserer Gesellschaft als über die historische Kuppel samt Inschrift.
Wenn man sich z.B. auch an Psalm 22 erinnert, dann kann man die Kuppelinschrift zuerst als Selbstermahnung des damaligen Königs verstehen:
„Vor Ihm sollen sich beugen alle Knie“, – also kniet in Demut auch der König selbst.
Und aus Ps. 22: „Ihn allein werden anbeten alle Großen auf Erden.“ – Vor Gott werden alle gleich, auch die Großen, also Kaiser, König, Fürsten, Reiche, … , alle werden gleich vor ihm wie ein armer Bettelmann.
Man muss sich fast fragen, ob die Verantwortlichen des Humboldt-Forums nicht selbst von Größenwahn befallen sind, dass sie hier in einem selbst angemaßtem „Alleingültigkeits-und Herrschaftsanspruch“ ihre eigene Sicht (und dazu noch eine historisch geklitterte) als die einzig wahre deklarieren.
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„Dich will ich preisen in der großen Gemeinde, ich will mein Gelübde erfüllen vor denen, die ihn fürchten.
Die Elenden sollen essen, dass sie satt werden; / und die nach dem HERRN fragen, werden ihn preisen; euer Herz soll ewiglich leben.
Es werden gedenken und sich zum HERRN bekehren aller Welt Enden und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Völker.
Denn des HERRN ist das Reich, und er herrscht unter den Völkern.
Ihn allein werden anbeten alle Großen auf Erden; vor ihm werden die Knie beugen alle, / die zum Staube hinabfuhren und ihr Leben nicht konnten erhalten.“
(Psalm 22)
Gut, dass es noch Wissenschaftler gibt, die die mühsame Aufgabe übernehmen, aus dem Zusammenhang gerissene Behauptungen zu prüfen und Desinformationen zu entlarven. Leider sind dann solche wirren Geschichtsfälschungen leider schon im Umlauf, wie oben beschrieben. In einer Zeit, wo das 8. Gebot weitestgehend unbekannt ist, wird „falsches Zeug(nis) gegen de(ine)n Nächsten“ skrupellos in die Welt gesetzt. Vor allem über die, die sich nicht (mehr) wehren können. Müssen wir uns nicht alle „vor dem Richterstuhl Christi“ verantworten? Und werden wir uns nicht alle „die Lebenden und die Toten“ vor Gott wiedersehen?