„Das hier ist für mich ein Rückzugsraum. Hier kann ich mitten im Stress der Berlinale mal abschalten“, sagt Roman Sorger. Der Filmemacher ist extra aus Österreich nach Berlin gekommen. Hier wolle er Kontakte knüpfen und sich Inspirationen für seine nächsten Kurzfilme holen, doch manchmal übermannt ihn der Trubel der Berlinale, zu der in diesem Jahr knapp 19.000 Fachbesucher angereist sind. Dann sucht er im obersten Stockwerk des Berliner „Filmhauses“ Ruhe. Dort laden Christen zum Gebetsfrühstück ein. Jeden Morgen interviewen sie einen Gast zum Thema „Glaube und Film“, lesen Bibelverse vor und tauschen sich mit den Gästen aus.
Gebetstreffen sind feste Institution bei der Berlinale
Die Idee zum „Prayer Breakfast“ hatten der Berliner Berater Dieter Boy und der Drehbuchautor Christoph Silber, bekannt durch Filme wie „Nordwand“ oder „Goodbye Lenin“. 2008 hatten sie das morgendliche Treffen ins Leben gerufen. „Ich kannte solche Gebetstreffen von meiner Arbeit“, erklärt Boy. Gemeinsam mit Silber habe er sich gesagt: „Warum gibt es das nicht auf der Berlinale?“
Im zweiten Jahr des Gebetsfrühstücks ist die Veranstaltung bereits fester Bestandteil des Filmfestivals. „Ich stand in einer Kinoschlange, da habe ich von den morgendlichen Treffen gehört“, berichtet Sorger. So bunt wie die Berlinale ist auch das Publikum im „Filmhaus“. Katholiken, Protestanten, Freikirchler – das Gebetsfrühstück ist überkonfessionell und international. Am dritten Morgen ist sogar ein Kanadier unter den Gästen, eine Besucherin erklärt sich spontan bereit, für den internationalen Gast zu übersetzen.
In diesem Jahr hat sich der ARD-Journalist Markus Spieker bereit erklärt, die Gebetstreffen zu leiten. Er interviewt etwa die Kamerafrau Sabine Maier. Was macht ihrer Meinung nach eine gute Filmerin aus? Wie bringt sie christliche Ethik ins Geschäft ein? Die knapp 30 Zuhörer lauschen gespannt. An diesem Morgen sind mehr Besucher gekommen als erwartet. Einige müssen stehen, andere hocken auf dem Boden. Kaffee und Tee aber gibt es für jeden und so nutzen viele die Zeit nach dem Interview noch zum persönlichen Austausch.
„Der Herr selbst muss das Haus bauen“ – auch im Stress der Berlinale
„Der Herr selbst muss das Haus bauen, sonst bauen die Bauherrn vergeblich“, liest eine Besucherin schließlich aus Psalm 127 vor und macht den Filmschaffenden bewusst, wo der Fokus eines Christen liegen sollte – auch im Stress und Trubel der Berlinale. Roman Sorger wird am nächsten Tag wieder in seinen „Ruheraum“ zurückkehren. „Ich war 2002 zum ersten Mal auf der Berlinale und war völlig überfordert mit dem Medienzirkus“, bekennt er. Damals, so erinnert er sich, habe er sich schließlich in eine Kirche geflüchtet und der Orgelmusik gelauscht, um Ruhe zu finden. Die Kirche besucht er in diesem Jahr wohl nicht. Lieber genießt er die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen, lauscht ihren Berichten und tauscht sich mit ihnen aus, um einen Weg zu finden, auch als Christ in der Medienbranche zu bestehen. (PRO)