Journalisten und Verantwortliche aus Politik und Medien sehen die Pressefreiheit zunehmend unter Druck. Sie alle waren am Dienstag Gast bei der Veranstaltung „Presse. Macht. Freiheit.“ der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung und von dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger. Die frischgewählte FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg sagte, die Demokratie stehe weltweit unter Druck. Soziale Medien seien eine Herausforderung für den Journalismus, hinterfragten ihn immer kritischer und erlaubten es jedem, seine Meinung auch ohne redaktionelle Plattform zu veröffentlichen. Redaktionen stünden unter einem erhöhten wirtschaftlichen Druck, die Bedingungen für Qualitätsjournalismus verschlechterten sich. „Von Repressalien, wie wir sie in andern Ländern erfahren müssen, sind wir in Deutschland zum Glück noch weit entfernt“, erklärte Teuteberg.
Die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal warnte: Die Pressefreiheit sei heute auch in Europa bedroht. Sie sprach von drei Gefahren: „Staatlichen Repressionen von einer Türkei Erdogans oder Russland“, nichtstaatlichen Repressionen von einzelnen Regierungsvertretern wie etwa dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump und einer sozialen und digitalen Erregung via Social Media. Auf Twitter gehe es nur noch darum, „ob man Gutmensch ist oder Nazi“, sagte Tekkal. Allein die Frage danach, wo jemand herkomme, reiche aus, um den Fragenden als rassistisch einzustufen. „Die Zeiten, wo Journalisten und die Pressefreiheit geliebt worden sind, sind vorbei“, erklärte Tekkal. Gerade deshalb seien Journalisten wichtiger denn je.
„Epischer Kampf um die Freiheit des Journalismus“
Der Auslandsreporter Michael Obert berichtete von Gefahren, die sein Beruf mit sich bringt. Journalisten, die aus dem Ausland berichteten, seien heute auch in Deutschland eingeschränkt, weil ihre Geschichten via Internet weltweit verfügbar seien. Sie gerieten ins Visier von Geheimdiensten und würden unter Druck gesetzt, Informanten zu verraten. Er habe es auch schon erlebt, dass Kontaktpersonen verschwunden seien. Durch das Internet sei es kein Problem, private Daten von Journalisten herauszufinden. Er sei mehrfach telefonisch bedroht worden. Obert sprach von „neuen Tendenzen“ an den politischen Rändern oder aus Ländern, die innerhalb der Bundesrepublik aktiv seien. Sein Computer sei bereits infiltriert gewesen.
Philipp Welte, Vorstand des Verlags Hubert Burda Media, sprach von einer „erschreckenden Dimension der Bedrohung in der Gegenwart“: „Wir stehen mitten in einem epischen Kampf, in dem es um die Freiheit des Journalismus geht.“ Über Soziale Medien verbreiteten sich manipulierte Inhalte und viele verlören die Übersicht über das, was wahr und was falsch sei. Kritik übte er an großen Medienplayern wie Facebook und anderen. Sie verhielten sich wie Medienunternehmen, übernähmen aber keine Verantwortung für die Inhalte. Sie besetzten die Märkte und verursachten wirtschaftlichen Druck: „Die Konsequenz ist ein schleichendes Siechtum klassischer Medien.“ Zusätzlich würden Journalisten durch rechte Kräfte in Deutschland eingeschränkt und angegriffen. „Die freie Presse ist in Deutschland keine Selbstverständlichkeit mehr“, sagte Welte.
Von: Anna Lutz