Es kommt Bewegung in die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Die Rundfunkkommission, in der die Medienpolitiker der Bundesländer gemeinsam beraten, hat einen Zukunftsrat eingesetzt. Acht Experten sollen Empfehlungen dafür geben, wie sich die öffentlich-rechtlichen Sender in Zukunft aufstellen können, damit sie von der Bevölkerung auch in den kommenden Jahren genutzt und akzeptiert werden.
In einem ersten Bericht soll sich der Zukunftsrat unter anderem mit der Frage befassen, wie das Angebot aussehen muss, damit es möglichst alle gesellschaftlichen Gruppen mit einem attraktiven, vielfältigen und hochwertigen Inhalten erreicht. Ebenso wünschen sich die Medienpolitiker vom Zukunftsrat Empfehlungen für gute Unternehmensführung und Aufsichtsstrukturen.
Auch die veränderte Mediennutzung durch digitale Angebote und die Chancen für eine gemeinsame Online-Plattform der öffentlich-rechtlichen Medien sind Themen für die Experten. Keine Rolle spielt für ihre Beratung die Frage, wie die Rundfunkgebühr ermittelt und erhoben wird. Dafür ist weiterhin die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs zuständig.
Keine Redakteure aus den Sendern vertreten
Zum zeitlich befristeten Zukunftsrat gehören Rechts- und Medienwissenschaftler, aber auch Praktiker aus der Medienwirtschaft. Darunter die Medienmanagerin Julia Jäkel, die unter anderem mehrere Jahre den Verlag Gruner+Jahr leitete, und Roger de Weck, ehemals Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit sowie Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft.
Mitarbeiter der Sender haben die Besetzung des Rats kritisiert – denn von öffentlich-rechtlichen Redakteuren ist niemand in dem Expertenrat vertreten. Die senderübergreifende Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse sieht es als „verpasste Chance“ an, dass das Wissen „der journalistisch tätigen Personen in den Anstalten“ über Arbeitsabläufe, Probleme und Potenziale nicht gefragt sei. In einem Brief fordert die Arbeitsgemeinschaft, dass Vertreter der Redakteure in den Zukunftsrat nachnominiert oder zumindest angehört und einbezogen werden.
Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke begrüßte es, dass der Zukunftsrat eingesetzt wurde. „Dieses Gremium kann spannende Impulse für die Diskussion über den unabhängigen Rundfunk der Zukunft geben“, teilte er auf Anfrage von PRO mit. Er erhoffe sich davon, „dass der Blick von außen dabei hilft, Veränderungsprozesse konstruktiv zu gestalten“.
Runder Tisch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Die Idee eines Runden Tisches für die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hatte im November der Intendant des WDR und damalige ARD-Vorsitzende Tom Buhrow öffentlich vorgeschlagen. Allerdings, wie er betonte, nicht in seiner Funktion als Senderverantwortlicher, sondern als Privatperson im Rahmen eines Empfanges beim Übersee-Club in Hamburg.
In der Rede schilderte er, wie schwierig es sei, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk grundlegend zu reformieren. Denn da die Bundesländer dafür verantwortlich seien, hätten die Landespolitiker auch eigene Interessen und seien kaum bereit, Kürzungen an den Sendern, den angeschlossenen Chören und Orchestern in ihrem Land vorzunehmen. Medienpolitiker und Sender belauerten sich gegenseitig. „Es ist ein bisschen wie Mikado: Wer sich zuerst bewegt, verliert.“
Um wirkliche Veränderungen herbeizuführen, brauche es daher einen Runden Tisch, „der die großen, grundsätzlichen Fragen beantwortet und befriedet“. Auch eine Fusion von ARD und ZDF stellte er in den Raum. Die Rede löste damals einiges Echo und Widerspruch aus.
ARD baut bei sich um
Die ARD-Intendanten beschlossen ihrerseits bei einer Sitzung im Februar, stärker miteinander zu kooperieren und Pool-Lösungen für verschiedene Themen umsetzen, die überregional relevant sind. Jeder Sender solle „der Gemeinschaft das bieten, was er am besten kann, und so für journalistische Inhalte mit noch mehr Tiefe sorgen“, sagte der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke.
Der Senderverbund will dafür Kompetenzzentren für Themen wie Hörspiel, Klima, Gesundheit und Verbraucher schaffen und die verschiedenen Social-Media-Angebote auf den Prüfstand stellen. Insgesamt sollen ab 2025 250 Millionen Euro vom linearen Programm für digitale Angebote umgeschichtet werden, vor allem für den Streaming-Bereich. Das soll auch den Dialog mit dem Publikum stärken.