Am Mittwoch sind in Aschaffenburg bei einem Messerangriff ein Kleinkind und ein Mann getötet worden. Die Motive, die zu der Bluttat führten, sind bislang noch ungeklärt. Der mutmaßliche Täter – ein Afghane, der sich hier um Asyl bemüht hatte – befand sich offenbar in Deutschland in psychiatrischer Behandlung. Darauf wird in der Berichterstattung immer wieder hingewiesen.
Der Chefarzt und Ärztliche Direktor der christlichen psychiatrischen Klinik „Hohe Mark“, Markus Steffens, erläuterte am Donnerstag in einem Gespräch mit PRO, dass psychische Erkrankungen bei Menschen mit Fluchterfahrungen zwar häufiger auftreten können, insbesondere Traumafolgestörungen wie posttraumatische Belastungsstörungen oder Depressionen. Jedoch warnt Steffens entschieden vor der falschen Annahme, dass psychisch kranke Menschen gefährlich seien. „Psychisch kranke Menschen sind als Gesamtgruppe nicht gewalttätiger als Menschen ohne psychische Erkrankungen“, erklärte der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.
Trinkende Männer sind gewalttätiger
Steffens betont, dass psychische Erkrankungen an sich nicht zwangsläufig mit Gewalt in Verbindung stünden. Nur bei einzelnen schweren psychischen Erkrankungen wie Psychosen oder Schizophrenie könne das Risiko für Gewalttaten leicht erhöht sein. „Wenn Sie sich zum Beispiel die Gruppe aller Männer in Deutschland ansehen, die Alkohol konsumieren, da ist statistisch die Gefahr deutlich höher, dass es zu Gewalt kommt, als bei einem Menschen, der an einer Psychose oder einer Schizophrenie leidet“, sagt der Facharzt.
Steffens rät Journalisten, bei der Berichterstattung über solche Fälle vorsichtig zu sein und nicht vorschnell Stigmata zu bedienen. Dies könnte Betroffene einer psychischen Krankheit davon abhalten, sich frühzeitig Hilfe zu suchen. Stattdessen sollte die Wichtigkeit einer frühen professionellen Unterstützung betont werden.
Zum Hintergrund der Tat in Aschaffenburg:
Ein zweijähriger Junge marokkanischer Herkunft war am Mittwoch gegen Mittag mit einer Kita-Gruppe im Stadtpark von Aschaffenburg unterwegs, als er von einem Mann mit einem Küchenmesser attackiert und getötet wurde. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) griff der Täter „unvermittelt und gezielt“ die Kindergartengruppe an. Passanten, die bei der Bluttat dazwischen gingen, wurden schwer verletzt. Ein 41-jähriger Mann erlag am Tatort seinen Stichwunden, drei weitere Menschen wurden mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.
Der mutmaßliche Täter, ein 28 Jahre alter Afghane, war nach Angaben von Behörden ausreisepflichtig. Er hatte ein anhängiges Asylverfahren selbst abgebrochen. Deshalb hätte er das Land eigentlich verlassen müssen, was er nicht tat. Der Mann ist Berichten zufolge Ende 2022 über Bulgarien nach Deutschland eingereist.