Evangelische Kirche bietet Ruheraum für „Wacken“-Besucher

Mehr als 75.000 Metal-Fans kommen Anfang August nach Wacken zum gleichnamigen Festival. Für Abwechslung von dröhnenden Gitarrensounds sorgt die Kirchengemeinde mit einem „room of silence“ – nicht etwa für die Bewohner, sondern für die Metalheads.

Taufen, Trauungen, Bestattungen – die meiste Zeit im Jahr läuft für Pastorin Alisa Mühlfried (31) alles normal in ihrer ruhigen Landkirchengemeinde im 1.800-Seelen-Örtchen Wacken in Schleswig-Holstein.

Nur für das erste Wochenende im August wird alles anders, dann ist das „Wacken Open Air“. „Dann wird geschmückt, es werden Kaffee- oder Limowagen rausgestellt und die Menschen sind total offen und freuen sich auch schon“, sagt Mühlfried, die seit November dort Pfarrerin ist. Das nach Angaben der Veranstalter größte internationale Metal-Festival, das dieses Jahr vom 2. bis 5. August stattfindet, sei dann nicht nur auf dem Festivalgelände präsent, sondern im ganzen Ort.

Bisher beteiligte sich die Kirchengemeinde mit einem Gottesdienst am Mittwochabend, dem ersten Tag des Festivals. Dieses Angebot möchte die junge Pastorin ausweiten. Sie habe ein Team aus Seelsorgern zusammengestellt, die für die Besucher ansprechbar sein sollen. Die Dorfkirche solle am Mittwoch und Donnerstag während des Festivals jeweils für ein paar Stunden öffnen, sagt Mühlfried. Denn in den vergangenen Jahren habe es Situationen gegeben, in denen Menschen die Kirche besuchen wollten, sie aber geschlossen war.

Neue und alte Bedenken

Die Pastorin möchte einen „room of silence“ – einen Raum der Stille bieten. „Ohne dass das jetzt groß spirituell aufgeladen ist“, sagt sie. Sie möchte einen Rückzugsort bieten, an dem die Metal-Fans im Festivaltrubel einmal zur Ruhe kommen können, denn es werde schon sehr laut und es seien viele Menschen. „Das kann auch mal überfordernd sein“, sagt Mühlfried. In der Heiligen-Geist-Kirche können die Ruhesuchenden dann eine Kerze anzünden, in den Bänken sitzen oder „einfach mal mit jemandem quatschen“.

Neue Pastorin, neue Ideen, aber auch alte Bedenken. Ginge es nach der Gemeinde, gebe es keine Beteiligung rund um das „Wacken Open Air“, sagt Mühlfried. Einerseits, weil viele Gemeindemitglieder in der Festivalzeit selbst viel zu tun und kaum Zeit hätten, andererseits gebe es auch „diese Angst, dass was passieren könnte, dass randaliert wird in der Kirche oder auf dem Friedhof“, erklärt die Pastorin.

Doch große Metal-Gottesdienste in Schweden oder Finnland würden zeigen, dass Christsein und Metalmusik gut zusammen gehe, sagt die Pastorin. Zudem höre sie privat auch Metal, sodass es für sie keine ungewöhnliche Kombination sei.

Sicher sei Metal eine Musikrichtung, die sich abgrenzen möchte, doch das sei auch bei Hip-Hop oder anderen Genres der Fall. „Jedes Genre hat so seinen Spirit und seine Ideen und Gedanken“, sagt die Pastorin. So dürfe auch Metal nicht nur als Angriff wahrgenommen werden. Und geht es nach Mühlfried, sind Metalheads „die liebsten Menschen, die ich kenne“. Mit der Nächstenliebe klappe es bei den Metallern „nämlich super“, sagt sie, das passe doch wunderbar zusammen.

Wenn es nach Alisa Mühlfried geht, dann darf sich über das Festival in diesem Jahr auch gern mehr entwickeln: „Mein Wunschtraum wäre, auf dem Gelände präsent zu sein, als Kirche zu sagen, wir sind hier und bieten sogar Trauungen auf dem Gelände an und sind wirklich ansprechbar.“ Vielleicht sei auch ein Getränkestand auf dem Kirchplatz eine Idee, „damit die Menschen zu uns kommen“, sagt sie.

epd
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