Knapp aber ausreichend hat die Seiteneinsteigerin Ursula von der Leyen die Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin gewonnen und damit Europa überrascht. Ihre in drei Sprachen locker und zugleich vehement vorgetragene Bewerbungsrede hat offenbar noch einige Abgeordnete umgestimmt.
Die SPD und Die Grünen haben sich von vornherein – in entlarvender Weise unisono mit der AfD – geradezu bräsig-beleidigt gegen von der Leyen gestellt. Sie sei für das hohe Amt „unzulänglich“ und „ungeeignet“. Dass die drei Interimsvorsitzenden der SPD Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel sich an solch erbärmlichen Versuchen beteiligt haben, die deutsche Kandidatin zu verhindern, das macht mich ratlos. Von Schäfer-Gümbel habe ich nichts anderes erwartet, er ist zum Glück auf dem Rückzug aus der Politik. Das Klima in der großen Koalition wird durch den befremdlichen Umgang der SPD mit von der Leyen weiter belastet.
Vielleicht herrscht bei der Bundeswehr auch eitel Freude über den Rücktritt der Verteidigungsministerin, dass sie in Annegret Kramp-Karrenbauer eine neue Chefin bekommen. Wieder keine vom Fach, aber eine mächtige Frau, deren robuste Frisur besser unter den Stahlhelm passt, als dies bei von der Leyen der Fall war. Sie hat es lange auf dem Schleudersitz der Verteidigung ausgehalten, aber das Amt war nicht ihre Welt. Sie konnte für die deutsche Bundeswehr kaum Zeichen setzen und hinterlässt ihrer Nachfolgerin große und dringend nötige Aufgaben. Dass sich die zarte, aber auch resolute Ministerin der Verteidigung auf teure Berater verlassen musste und irgendwann das Budget maßlos überzogen hat, zeigt doch deutlich diese Fehlbesetzung.
Europa mit gemeinsamer Wertebasis
Aber das neue Amt wird ihr trotz knappem Sieg mehr Freude bereiten. Das liegt ihr. 30.000 Beschäftigte werden ihr mit Erfahrung und fachlicher Expertise zur Verfügung stehen. Jetzt ist sie die „Gorch Fock“ los und kann ganz große Politik gestalten. Die intelligente und sprachlich versierte Europäerin wird es schaffen, sich der Endzeitstimmung im europäischen Raum in die Speichen zu werfen und mit den führenden Politikern Europas gute Konzepte erarbeiten. Sie darf alles anpacken, neu und anders, aber in einem Punkt empfehle ich ihr dringend, auf ihren Vorgänger Jean-Claude Juncker zu hören: Den Ausstieg der Briten aus der EU nicht endlos zu verhandeln.
Ich wünsche der neuen EU-Kommissionspräsidentin Kraft, Weisheit und Gottes Segen. Europa kann nur mit einer gemeinsamen Wertebasis gelingen. Und diese Basis nennen wir „christlich“. Und das bedeutet, die Welt wie Jesus zu sehen und alles von seinem Heil her zu verstehen und ihm entsprechend zu handeln: in der Flüchtlingsfrage, in der Klimafrage und im Schutz des ungeborenen und geborenen Lebens.