„Es geht ums Überleben“

Tausende Tote, eine überforderte Regierung und ein Land im Chaos: Das ist die Lage in Nepal, wenige Tage nach dem Erdbeben. Vor Ort kämpfen Christen und Nichtchristen gemeinsam um das Überleben der nun obdachlosen Einheimischen.
Von PRO
Die Wetterlage im zerstörten Nepal soll sich verschlechtern. Schon bald müssen Obdachlose vielleicht bei Wind und Regen unter Planen schlafen
Mindestens 4.000 Tote und über 6.000 Verletzte hat das Beben der Stärke 7,8 am Samstag gefordert. Die meisten Opfer gibt es in Nepal. Zahlreiche Hilfsorganisationen aus Deutschland sind seitdem in den Himalaya gereist, um den Überlebenden zu helfen. Doch die Bergregion macht den Rettern das Arbeiten schwer. Das weiß Romy Schneider, Sprecherin des deutschen Länderbüros der christlichen Hilfsorganisation Medair. Viele Nepalesen in abgelegenen Gegenden seien von der Welt abgeschnitten und hätten deshalb auch keinen Zugang zu Hilfsangeboten. „Es gibt vielerorts keine sanitären Anlagen, die Menschen richten sich auf den Trümmern ein und schlafen unter Planen“, sagt sie. „Es geht da ums Überleben.“ Dramatisch ist auch: Für die kommenden Tage sind Kälte und Unwetter angekündigt. Erdrutsche könnten das Vorankommen der Helfer zusätzlich erschweren und das Übernachten in und um die Ruinen unerträglich machen.

Christen in der Minderheit

Medair ist nur eine von zahlreichen christlichen und nichtchristlichen Organisationen, die Experten ins Krisengebiet entsandt haben. Auch das Technische Hilfswerk, Humedica oder die Deutsche Missionsgemeinschaft (DMG), um nur einige zu nennen, sondieren derzeit die Lage und versuchen herauszufinden, wie sie am besten Hilfe leisten können. So sammelt die DMG zum Beispiel gezielt Spenden für die Krankenversorgung in einer Einrichtung im Land. Humedica will am kommenden Donnerstag ein zweites medizinisches Einsatzteam und zehn Tonnen Hilfsgüter auf den Weg in die nepalesische Hauptstadt Kathmandu bringen. Nepal liegt zwischen China und Indien und hat etwas weniger als 30 Millionen Einwohner. Achtzig Prozent der Bevölkerung sind Hindus, der Hinduismus war bis vor etwas weniger als zehn Jahren Staatsreligion. Christen bilden im Land neben Buddhisten und Muslimen eine verschwindend kleine Minderheit, die in der Vergangenheit immer wieder Einschränkungen ihrer Glaubensfreiheit beklagte.

Religion spielt keine Rolle

Laut Open Doors, einem Hilfswerk für verfolgte Christen, steht das Land deshalb noch immer „unter Beobachtung“, auch wenn die Organisation Nepal schon seit Jahren nicht mehr in ihrem Weltverfolgungsindex führt. So warten Christen vor Ort etwa immer noch auf den Erlass einer neuen Verfassung, die sie als gleichberechtigt mit anderen Glaubensgruppen benennt. Vor allem ehemalige Hindus, die zum Christentum konvertiert sind, würden durch radikale Kräfte bedrängt, berichtet Open Doors. Für die derzeitige Nothilfe spiele die Frage der Religionsfreiheit keine Rolle, sagt Romy Schneider von Medair. Ihr sei nicht bekannt, dass christliche Organisationen nach dem Erdbeben in Nepal an der Hilfsarbeit gehindert würden. „Für Menschen, denen man eine Decke zum Wärmen reicht, spielt der Glaube der Helfer keine Rolle. Das erleben wir auch in anderen Ländern“, sagt sie. Nach diesem Prinzip arbeiten auch die Hilfsorganisationen vor Ort: Die religiöse Überzeugung der Hilfebedürftigen darf nicht darüber entscheiden, ob Unterstützung geleistet wird oder nicht, wie es schon der Verhaltenskodex des Internationalen Roten Kreuzes besagt, zu dem sich auch Medair verpflichtet hat. „Der christliche Glaube ist ein wichtiger Wert für unsere internationalen Mitarbeiter“, sagt Romy Schneider. „Aber wir fragen die Opfer nicht: Zu welcher Religion gehörst du?“ (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/journalismus/detailansicht/aktuell/wie-christen-in-den-anden-leben-retten-79885/
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