Europa dürfe nicht nur als gemeinsamer Finanz- und Wirtschaftsraum gesehen werden. „Es fehlt die Seele. Europa lebt von seinem jüdisch-christlichen Erbe“, sagte Georg Gänswein, der von 2005 bis zu dessen Amtsverzicht 2013 der Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. war. Im Jahr 2013 spendete Benedikt XVI. Gänswein die Bischofsweihe.
Wenn diese Identität fehle, werde Europa „anfällig und schwach“. Europa könne nur als Gemeinschaft der verschiedenen Völker erfolgreich sein. Grundlegend dafür seien die gemeinsamen Werte, die auf christlichen Wurzeln basierten. An der Flüchtlingskrise und der damit einhergehenden Migration werde sich zeigen, ob Europa seiner Verantwortung gerecht werde. „Die christliche Grundüberzeugung lautet: Menschen, die in großer Not sind, brauchen Hilfe, jetzt und hier, sie haben ein Recht auf Hilfe“, sagte der Erzbischof.
Dabei sei es gut, wenn die Europäer die Flüchtlingswelle zum Anlass nähmen, sich wieder auf ihre eigenen religiösen Wurzeln zu besinnen. Die Muslime, die hier her kämen, „erleben doch überwiegend, dass der Glaube bei den Christen, die sie hier antreffen, kaum eine Rolle spielt“. Dass christliche Symbole aus dem Alltagsleben verbannt würden, verschlimmere die Lage. Das sei ein Fehler: „Ein Muslim, der einem überzeugten Christen begegnet, hat mehr Respekt als ein Muslim, der Christen erlebt, die ihre Religion nicht ernst nehmen.“ Toleranz sei nur möglich, wenn man eine klare Überzeugung habe und diese lebe.