Ekkehart Vetter, Präses des Mülheimer Verbands Freikirchlich-evangelischer Gemeinden, ist seit 1. Januar 2017 Erster Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA). Beim offiziellen Einführungsgottesdienst am Dienstag im Christlichen Gästezentrum Schönblick in Schwäbisch Gmünd wurde zugleich Michael Diener aus seinem Amt verabschiedet. Diener gab die Aufgabe nach fünf Jahren ab. Am 12. Dezember 2016 hatte der Hauptvorstand Dieners bisherigen Stellvertreter Vetter zu dessen Nachfolger gewählt.
Diener „Vorsitzender mit Ecken und Kanten“
Jürgen Werth, der von 2007 bis 2011 Vorsitzender der DEA war, sagte bei der Feier an Diener gerichtet: „Du warst ein Vorsitzender mit Ecken und Kanten und mit Überzeugungen. Nicht so sehr Moderator wie dein Vorgänger. Kein glatter Diplomat, kein geschickter Taktierer.“ Diener sei ein „Leader“ gewesen, „der ein klares Bild hatte und hat von der Evangelischen Allianz“ und „ein kluger Theologe, mit einem weiten Denk- und Glaubenshorizont“. Einigkeit sollte man nicht mit Gleichförmigkeit verwechseln, sagte Werth. Und streiten sollte man miteinander, nicht gegeneinander.
Michael Diener stellte in seiner Rede die Einsegnung seines Nachfolgers unter das Bibelwort Epheser 2,14. „Christus ist dein Friede. Christus ist unser Friede“, sagte Diener, der im Hauptamt Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes ist. Eigentlich sei die Kirche immer auf dem Weg zum Frieden, aber: „Frieden stiften geht manchmal nicht, ohne dass auch Streit vom Zaun gebrochen wird.“ Diener sagte an Vetter gerichtet: „Du weißt, du musst nicht der Friedensstifter sein, weil Gott Frieden in Christus gemacht hat. Christus ist nicht dein Frieden oder mein Frieden, sondern unser Frieden.“ Diener versicherte seinem Nachfolger, er wolle ihn auch weiter begleiten und unterstützend hinter ihm stehen – „und vielleicht auch mit dem einen oder anderen Streit“.
„Christusliebe statt Machtkämpfe“
In seiner Predigt stellte Vetter die Bedeutung der Einheit in Christus in den Mittelpunkt. Diese sei in den 170 Jahren des Bestehens der DEA der „inhaltliche Dauerbrenner“ der Netzwerkbewegung gewesen. Seit einigen Jahrzehnten erkenne er ein „Aufeinanderzukommen“ zwischen den Strömungen innerhalb der Allianz. „Die Bandbreite der Jesusnachfolger ist offenbar breiter als es die Allianz in den früheren Jahrzehnten abgebildet hat“, stellte er fest.
Vetter beschrieb die Schwierigkeiten der vielfältig gestalteten Gemeinde in Korinth. Paulus spreche im 1. Korintherbrief „viele Seelsorgeprobleme“ an. Doch trotz Platzhirschen und Machtkämpfen nenne der Apostel die Korinther „Gemeinde Gottes“ und „die Geheiligten in Christus Jesus“. Vetter stellte klar: „Die Lösung lautet: ‚Nehmt einander an, wie Christus Euch angenommen hat.‘“ Es gehe nicht um den Kampf um Mehrheiten in Gremien, sondern um die Liebe in Christus: „Wo er im Mittelpunkt steht, werden unsere Probleme kleiner. Je größer die Gnade Gottes für uns ist, umso größer wird unsere Gnade für unsere Mitchristen.“ Einheit entstehe nicht, wenn sie als primäres Ziel im Mittelpunkt stehe. „Christus ist es, der Einheit schafft. Mit ihm ist sie da.“
„EKD und DEA verbindet das Gebet zu Jesus Christus“
Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, dankte in ihrem Grußwort Michael Diener dafür, dass er „wie kein anderer“ die Spannungen in der Allianz ertragen und die Anliegen der Allianz im Rat der EKD vertreten habe. „Man hat dir immer die Freude im Glauben angemerkt“, sagte Schwaetzer.
Sie wolle im Namen der EKD-Synode betonen, „wie viel uns verbindet“, sagte sie im Hinblick auf die DEA. „Rat und Synode der EKD und auch die Landeskirchen leben ebenfalls von der Beteiligung von Laien. Dieses Engagement für die Verkündigung, für das Lob Gottes, für das Gebet zu unserem Herrn Jesus Christus, das verbindet uns.“ Beiden Organisationen sei „die wichtigste Aufgabe“ gemeinsam: die Erhaltung und das innere Wachstum der Kirche. „Wir dienen unserem Herrn Jesus Christus. Darin sind wir uns sehr ähnlich“, sagte Schwaetzer, die von 1987 bis 1991 Staatsministerin im Auswärtigen Amt und von 1991 bis 1994 Bundesministerin für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau war.
Die EKD und die Allianz seien „einander verpflichtet und miteinander verbunden“, sagte Schwaetzer. Sie selbst komme aus einer anderen Tradition, doch die Allianz sei „der ganz wichtige fromme Flügel“. „Wir brauchen die Perspektive der Evangelikalen auf die Themen, um deren Verständnis wir ringen.“ Ebenso brauche die Allianz auch die Perspektive der Christen der EKD.
Das Ziel sei „ein kooperatives Netzwerk, das von außen wahrgenommen wird“. Kritik halte die Evangelische Kirche aus. „Theologischer Streit gehört dazu. Denn Streit ist nach meiner Auffassung nichts anderes als ein Ausdruck der Begrenztheit unserer Erkenntnis.“ Eine gegenseitige Ermahnung in dem, was wir tun, hält die ehemalige FDP-Politikerin für selbstverständlich. „Wichtig finde ich, dass wir immer respektvoll miteinander umgehen.“ (pro)
Von: js