Seit 1994 veranstalten die Katholische und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam die „Woche für das Leben“. Bereits 1991 hatten die Katholiken die bundesweite Aktionswoche gestartet, um für den Schutz des menschlichen Lebens einzutreten. Mit der Zusammenarbeit ist jetzt Schluss.
Die EKD zieht sich aus der jährlichen Veranstaltung zurück und habe das Sekretariat der katholischen Deutschen Bischofskonferenz bei einer gemeinsamen Sitzung am Dienstag darüber informiert, meldet der Evangelische Pressedienst (epd). Stattdessen wollen sich die Protestanten in anderen Formaten für die Themen des Lebensschutzes einsetzen. Die ökumenische Initiative wird demnach 2024 letztmals gemeinsam stattfinden.
Die EKD begründete ihren Schritt damit, dass die öffentliche Wirkung der Woche in den vergangenen Jahren „nur noch sehr partiell und regional unterschiedlich“ gegeben gewesen sei. Die Themen des Lebensschutzes blieben gesellschaftlich für die evangelische Kirche von höchster Bedeutung, betonte der Sprecher.
Statt „Woche für das Leben“ „Tag der Schöpfung“
Künftig wolle sich die EKD auf den „Tag der Schöpfung“, der jedes Jahr am ersten Freitag im September begangen wird, konzentrieren. Dieser ist eine Initiative der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK), der 18 Kirchen unterschiedlicher Traditionen angehören.
In den vergangenen Tagen waren die Meldungen über den Sachstand auseinander gegangen. Die Zeitung „Weser-Kurier“ meldete, dass die EKD den Ausstieg letzte Woche beschlossen habe. Während die Deutsche Bischofskonferenz der Katholischen Nachrichtenagentur ein derartiges Schreiben bestätigte, erklärte eine EKD-Sprecherin, dass in dieser Angelegenheit noch Gespräche stattfänden.
Die „Woche für das Leben“ beschäftigt sich normal mit lebensethischen Themen wie Abtreibung und Sterbehilfe. 2023 ging es unter dem Motto „Generation Z(ukunft)“ schwerpunktmäßig um die Sorgen junger Menschen. In diesem Jahr hatte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus die Woche mit dem katholischen Osnabrücker Diözesanadministrator Johannes Wübbe in Osnabrück eröffnet.
Während die EKD um Verständnis gebeten hatte und sich zu diesem Zeitpunkt nicht weiter äußern wolle, bedauerte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, öffentlich den Schritt der EKD. Die Katholische Kirche sei traurig, dass eine der ältesten ökumenischen Initiativen keine Relevanz mehr für die EKD habe. Gerne hätte man gemeinsam die Evaluation der Woche für das Leben bewertet.
Lebensrechtler: EKD trägt nicht zu unabdingbarer Menschenwürde bei
Die Vorsitzende des „Bundesverbands Lebensrecht“, Alexandra Maria Linder, bezeichnete einen möglichen EKD-Ausstieg aus dem Projekt als konsequent. Es sei kaum gelungen, die ethischen Positionierungen in die einzelnen Diözesen und Gemeinden zu tragen, „um damit zu einer breiten öffentlichen Debatte beizutragen“. Die Themenwoche habe sich vom eigentlichen Anliegen entfernt.
Mit den Jahren sei sie immer mehr zu einer Pflichtveranstaltung geworden, um die sich niemand richtig zu kümmern schien. Die steigenden Abtreibungszahlen und die Debatte um den assistierten Suizid machten das Thema enorm wichtig. Ethisch sei der Schritt der Kirche aber konsequent, weil sie durch viele ihrer Entscheidungen in Bezug auf diese Themen ihre Glaubwürdigkeit verliere, sich an einer Veranstaltung für die „unabdingbare Menschenwürde von der Zeugung bis zum Tod“ zu beteiligen.