Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) steht nach Überzeugung der Präses ihrer Synode, Anna-Nicole Heinrich, vor einer digitalen Transformation. Dazu brauche es Menschen, die in Sozialen Medien persönliche Beziehungen aufbauen, sagte sie am Donnerstag beim Digitalisierungsforum der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Alleine mit Sachinformationen und Einladungen zu kirchlichen Veranstaltungen könnten die Gemeinden nicht gestärkt werden.
Die Synodenpräses erzählte, dass im Januar in einer Kneipe ihr Rucksack verschwunden sei, in dem sich neben Laptop, Tablet und Smartphone auch ihre Festplatte mit digitalen Erinnerungen seit ihrer Schulzeit befand. „Ich hatte das Gefühl, einen Teil meines Lebens verloren zu haben“, sagte die 26-Jährige. Sie halte sich inzwischen mehr als zwölf Stunden pro Tag im Internet auf, während die Kirche traditionell außerhalb des Netzes lebe und lediglich Impulse ins Internet gebe.
Heinrich fordert „bessere Sprachfähigkeit“
Als zentrale Aufgabe der Kirche betrachtet es Heinrich, Einzelne in ihrem Glauben und Christsein zu stärken. „Kirche muss sich daran messen, ob sie dieser Aufgabe gerecht wird.“ Dazu gehöre auch eine bessere Sprachfähigkeit. Sie selbst sei nach ihrer Wahl zur Präses mehrfach von Journalisten nach ihrer Beziehung zu Gott gefragt worden. Darauf habe sie keine Antwort gehabt – die Frage sei ihr aber zuvor in zehn Jahren ehrenamtlicher kirchlicher Mitarbeit auch nie gestellt worden.
Der Kommunikationswissenschaftler Holger Sievert sprach sich dafür aus, in jeder Kirchengemeinde einen Beauftragten für Digitalisierung zu berufen. Um einen verstärkten Einsatz digitaler Hilfsmittel in der Kirche führe kein Weg herum, sagte er. Digitalisierung sei aber kein Selbstzweck, sondern müsse einer Gemeinde bei ihren Kernaufgaben wie Seelsorge, Verkündigung und diakonischem Engagement helfen.
Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm lobte bei dem Forum Gemeinschaftserlebnisse im Internet während der Corona-Pandemie. „Wir wären beziehungsmäßig ausgetrocknet, wenn wir die digitalen Kontakte nicht gehabt hätten“, sagte er. Beim Neujustieren des Abendmahlsverständnisses in digitalen Zeiten solle sich die Kirche aber Zeit lassen, empfahl Bedford-Strohm.
10 Antworten
Danke für den interessanten Beitrag zum gestrigen Digital Forum „Die digitale Gemeinde“. Weitere Informationen dazu, bspw. welche 7. Dinge für digitalen Wandel in Gemeinden wichtig sind, finden sich auf Twitter unter #elkbdigital #elkwuedigital #ekibadigital. Und eine ausführliche Zusammenfassung der ganzen Veranstaltung ist hier kostenlos zu sehen: https://t1p.de/ftmu7
Wie kann ich bei Twitter, WhatsApp, facebook usw. die Themen, welche die Kirchen dort einstellen, mitdiskutieren, ohne dass ich gegen die DSGVO usw. verstoße bzw. ohne dass ich personenbezogene Daten (einschließlich meiner eigenen) an die (US-)Datendienste sende?
Siehe dazu auch: https://noyb.eu/de/projekt/eu-us-transfers
Schwieriges Thema…
Zum besseren Verständniss meines Vorkommentars:
Im Artikel wird Holger Sievert zitiert.
Wenn man so handelt, würde es ja auch eine Aktivität u.a. bei facebook (ggf. auch eine facebook-Gemeindefanpage) bedeuten.
Die Datenschutzbeauftragten der EKD haben sich entsprechend positioniert:
https://dsbkd.de/dsk-ekd-20220428-zu-facebook-fanpages/
Zitat daraus:
„Kirchliche und diakonische Stellen haben danach nachzuweisen,
* den Abschluss einer Vereinbarung nach § 29 DSG-EKD über die gemeinsame Verantwortlichkeit mit Facebook,
* die Sicherstellung einer jederzeitigen, ausreichenden Information über die gemeinsamen Datenverarbeitungen gegenüber den die Fanpages Nutzenden gemäß § 17 DSG-EKD,
* die Zulässigkeit zur Speicherung von Informationen in der Endeinrichtung des Endnutzers und der Zugriff auf diese Informationen gemäß § 25 TTDSG sowie
* die Zulässigkeit der Übertragung personenbezogener Daten in den Zugriffsbereich von Behörden in Drittstaaten, wie den USA.“
Zu facebook veröffentliche auch netzpolitik einen Artikel:
„Internes Dokument: Facebook hat keine Kontrolle über seine Daten
Ein geleaktes Facebook-Dokument zeigt, dass der Konzern selbst kaum einen Überblick darüber hat, wohin die Daten seiner Nutzer:innen fließen. Datenschutzexperten sehen einen Widerspruch (…)“
(s.: https://netzpolitik.org/2022/internes-dokument-facebook-hat-keine-kontrolle-ueber-seine-daten/ )
Das geleakte facebook-Dokument ist unter
https://s3.documentcloud.org/documents/21716382/facebook-data-lineage-internal-document.pdf
abzurufen.
Wie ich oben schrieb:
Schwieriges Thema…
Über 14 Tage ist’s her, dass ich – ohne jemanden direkt anzusprechen – eine Frage gestellt habe.
Ich würde mich über eine hilfreiche und in die Praxis umsetzbare(!) Antwort – vorzugsweise aus Richtung der EKD-Verantwortlichen Amtsinhaber, welche „Digitale Aktivität“ im Netz einfordern – sehr freuen.
Zur weiterführenden Information:
„Offener Brief zur Zukunft des Datentransfers zwischen der EU und den USA
Während viele Details noch unklar sind, werden immer mehr Einzelheiten über das geplante EU-US-Datentransferabkommen bekannt. Diese Details scheinen mehr Fragen hinsichtlich der Stabilität eines neuen Angemessenheitsabkommens durch die Europäische Kommission aufzuwerfen. Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklungen hat der Hauptkläger in den Fällen „Schrems I“ und „Schrems II“ den folgenden offenen Brief an die relevanten Interessengruppen geschickt:
[…]“
Bitte weiterlesen auf:
https://noyb.eu/de/offener-brief-ueber-die-zukunft-der-datenuebermittlung-zwischen-der-eu-und-den-usa
„Big Brother is Watching You.“
Viele Webmaster fügen vorgefertigte Programmteile für ihre Webseite, indem sie auf Drittanbieter zurückgreifen.
Das gilt auch für Javascripte.
„Datensammlern wie Google, Facebook und Co. begegnet man laut der Studie Online Tracking: A 1-million-site Measurement and Analysisauf auf fast jeder Webseite. Insbesondere Google ist mit über 80% Verbreitung schon fast mit einem Krebsgeschwür vergleichbar. Hintergrund dieser hohen Verbreitung ist meist die Bequemlichkeit von Seitenbetreibern, die externe Ressourcen wie JavaScript oder Schriftarten gerne über Drittanbieter einbinden.“
Bitte weiterlesen auf: https://www.kuketz-blog.de/asn-skript-datensammler-haben-ausgeschnueffelt-ipfire-teil3/
(Zur Person von H. Kuketz: https://www.kuketz-blog.de/ueber-mich/ bzw. https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/?s=kuketz )
Auf einer uns hier bekannten Webseite findet man im Quellcode in Zeite 35 und in Zeile 69 Angaben für Fa. Google.
Sowie in Zeile 1605 ein Javascript zu einem Server der Fa. google.
In Zeile 69 ein Javascript zu einem Server der Fa. Instagram.
In Zeile 70 ein Javascript zu einem Server der Fa. Twitter.
Diese Javascripte starten in der Regel automatisch direkt nach dem Laden der Webseite.
Durch eine eindeutige Identifizierung der Webseite könnten personenbezogene Daten anfallen.
Entspricht dieses Vorgehen der DSGVO bzw. der kirchlichen Datenschutzgesetze?
„Big Brother is Watching You, Teil II“
Noch einmal Mike Kuketz als Zitat:
„YouTube ist eine gigantische Video-Plattform. Leider gehört die Plattform dem größten Datensammler der Welt: Google. Mich erreicht daher immer mal wieder die Frage, wie man sich auf YouTube-Videos anschauen kann, ohne Google dabei zu viele Informationen über sich zu verraten.“
Bitte weiterlesen auf: https://www.kuketz-blog.de/youtube-datenschutzfreundlicher-videokonsum/
aber auch auf: https://www.kuketz-blog.de/youtube-auch-ohne-google-konto-erfassung-personenbezogener-daten/
Interessant ist auch eine Stellungnahme der Plattform eRecht24 (auf einigen Webseiten finden sich automatisch erstellte Impressums- bzw. Datenschutzerklärungen, welche von eRecht24 erstellt wurden): https://www.e-recht24.de/dsg/12763-youtube.html
Zitat:
„1. Als evangelische Kirche gestalten wir den digitalen Wandel mit und vertrauen auch in der digitalen Gesellschaft auf Gottes Begleitung.
Wir wissen nicht genau, was der digitale Wandel bewirken wird. Als evangelische Kirche sehen wir die Notwendigkeit, die Digitalisierung in ihrer Vielfalt und in ihren Ambivalenzen besser zu verstehen, um daraus Konsequenzen für die Kommunikation des Evangeliums zu ziehen.
[…]
4. Das Internet erweitert Chancen für die Kommunikation des Evangeliums. Es eröffnet der evangelischen Kirche neue Räume zum Hören, Erzählen und Lernen, zu gemeinschaftlichem Feiern und für Hilfe zum Leben.
Die Möglichkeiten des Internets für die Gestaltung des menschlichen Zusammenlebens und für die Kommunikation des Evangeliums entsprechen dem Selbstverständnis von Kirche als Koinonia, einer Gemeinschaft durch Teilhabe. Die Reformation hat dem Priestertum aller Getauften und dem partizipativen Charakter des Evangeliums besonderen Ausdruck verliehen. Heute bietet das Kommunikationsmodell des Netzwerkes hierfür eine neue Realisierungsmöglichkeit.
[…]“
Weiterlesen auf: https://www.ekd.de/synode2014/beschluesse/beschluss_kundgebung.html
„7. Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Daten und digitalen Spuren. Der Datensammlung und -auswertung müssen Grenzen gesetzt werden.
Teilhabe in der digitalen Gesellschaft berührt grundsätzlich Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit. Für die evangelische Kirche stehen dabei der Mensch, seine Freiheit, Autonomie und Schutzbedürftigkeit im Mittelpunkt.
Durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche entstehen bei privaten und staatlichen Akteuren derart große Mengen an Daten, dass durch neue Sammel- und Auswertungsverfahren eine Überwachung, Manipulation, Diskriminierung und Ausbeutung von Menschen möglich ist. Der Mensch droht auf die über ihn verfügbaren Daten reduziert zu werden. Als evangelische Kirche erinnern wir an das bleibende Geheimnis, das dem Menschen als Geschöpf Gottes zukommt.
Die aktuellen Diskussionen über die Kommerzialisierung sämtlicher Lebensvollzüge, die Macht von Unternehmen und die unzureichende demokratische Kontrolle machen ebenso wie die Enthüllungen zur Überwachungspraxis von Staaten deutlich, dass das Internet kein herrschaftsfreier Raum ist.
Wir verpflichten uns, unter den aktuellen Gegebenheiten massenhafter Abhörung und Auswertung von digitaler Kommunikation auch die kirchlichen Seelsorgeangebote kritisch zu prüfen: Wie können wir Seelsorge- und Beichtgeheimnis schützen?“
Siehe: https://www.ekd.de/synode2014/beschluesse/beschluss_kundgebung.html
Der letzte Satz noch einmal:
„Wir verpflichten uns, unter den aktuellen Gegebenheiten massenhafter Abhörung und Auswertung von digitaler Kommunikation auch die kirchlichen Seelsorgeangebote kritisch zu prüfen: Wie können wir Seelsorge- und Beichtgeheimnis schützen?“
Ich finde: Angesichts dieser Fragestellung sind die kirchlichen Ämter – bis hinunter in die Leitenden Ehrenämter der Kirchengemeinden (aufgrund ihrer Ordination bzw. Verpflichtungsversprechen) – sehr gefordert:
Einfach mal „Im Netz persönliche Beziehungen aufbauen“, wie Fr. Präses Heinrich es sich wünscht: Das geht nicht!!!
Und das weiß Fr. Präses und ihr Mitarbeiterstab auch.
Leider wird dieser Widerspruch von den Kirchenleitungen nicht in die Öffentlichkeit transportiert.
Deshalb meine obige Frage, welche eine Forderung an die Kirchenleitung – zuvorderst an die EKD-Leitung – ist:
Wie kann ich bei Twitter, WhatsApp, facebook usw. die Themen, welche die Kirchen dort einstellen, mitdiskutieren, ohne dass ich gegen die DSGVO usw. verstoße bzw. ohne dass ich personenbezogene Daten (einschließlich meiner eigenen) an die (US-)Datendienste sende?
Kann „Kirche“ darauf eine hilfreiche Antwort geben?
Lesetipp:
https://www.kirchenrecht-ekd.de/document/32147
https://www.kirchenrecht-ekd.de/document/32149
In der Hoffnung, dass endlich eine öffentliche Diskussion stattfindet:
Damit möchte ich meine Zusage an die Redaktion umsetzen und hier abschließen – obwohl:
Es wäre noch einiges zu sagen/ schreiben.