Wenn es um den Umgang mit der Alternative für Deutschland (AfD) geht, kann wahrlich niemand den Kirchen Beliebigkeit vorwerfen. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki polemisiert seit Monaten gegen die Partei, von evangelischer Seite positionierten sich beispielsweise Luther-Botschafterin Margot Käßmann und der Berliner Bischof Markus Dröge, der erklärte, Christen hätten in der Partei nichts verloren. Beim AfD-Parteitag in Köln demonstrierten die Kirchen Seite an Seite mit Linken und Grünen unter dem Motto „Unser Kreuz hat keinen Haken“, in den Augen vieler fast schon eine Verharmlosung der Nazi-Verbrechen.
1.500 Menschen haben inzwischen eine Petition gegen eine Diskussion auf dem Kirchentag mit der Sprecherin der Gruppe „Christen in der AfD“, Anette Schultner, unterzeichnet. Sie finden, die Partei habe auf dem Kirchentag nichts verloren, und das, obwohl Schultner mit der Autorin Liane Bednarz und Bischof Markus Dröge von Anfang an „zwei argumentativ starken Gegenpositionen gegenübersehen“, wie Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au im Magazin Chrismon ankündigte.
Und was ist mit Grünen und Linken?
Natürlich hat die Kirche das Recht, zu politischen Fragen Stellung zu beziehen, gerade bei ethischen Themen sollte sie das auch tun. Es darf aber irritieren, in welch undifferenzierter Art und Weise immer wieder die AfD für klerikale Schelte herangezogen wird, während kritikwürdige Standpunkte andere Parteien offenbar problemlos akzeptiert werden. Was ist beispielsweise mit Grünen und Linken? Beide beteiligen sich an Protesten gegen den „Marsch für das Leben“, die Grünen kritisierten jüngst das pauschale Verbot von Kinderehen und forderten die Abschaffung des Inzestverbots. Die Linke steht dem in nichts nach, bei ihr kommt die SED-Vergangenheit hinzu, unter der gerade Christen in der ehemaligen DDR leiden mussten. Dennoch werden beide Parteien ohne Bedenken in mehrere Kirchentags-Veranstaltungen integriert.
Völlig abgesehen von der Frage, wie man die AfD inhaltlich und personell bewerten mag: Die Kirchen sind gut beraten, öfter mit Vertretern und Sympathisanten der AfD das Gespräch zu suchen. Das schulden sie gerade ihren konservativen Mitgliedern, die sich in einzelnen Fragen womöglich bei der AfD wiederfinden. (pro)
Von: mb