Ein amerikanischer Konditor will ein schwules Paar nicht beliefern und steht deshalb vor Gericht. Ist die Religionsfreiheit bedroht oder reagiert der Christ schlicht über? Die pro-Redakteure Moritz Breckner und Anna Lutz haben den Fall aus unterschiedlichen Blickwinkeln kommentiert.
Von PRO
Foto: Amy Walters/Fotolia
Darf ein Konditor sich weigern, Schwule zu bedienen? Darüber wird in den USA gerade vor Gericht verhandelt
Gewissensfreiheit bedroht
von Moritz Breckner
Verfechter der Homo-Ehe behaupten gerne, Heterosexuelle seien von homosexuellen Partnerschaften überhaupt nicht betroffen. Weder dem Durchschnitts-Hetero, noch Christen, die sich gegen die staatliche Aufwertung von Homosexualität engagieren, entstünde ein Nachteil, wenn gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Ehe gleichgestellt würden.
Weit gefehlt! Im US-Bundesstaat Colorado steht ein christlicher Bäcker vor Gericht, weil er die „Hochzeit“ zweier Männer nicht mit der Lieferung einer Torte unterstützen wollte. Im Bundesstaat Washington läuft ein Verfahren gegen eine Floristin, die keine Blumen für die Trauzeremonie eines schwulen Paares liefern wollte. Der von einem Christen gegründeten Online-Partnervermittlung eHarmony wurde mit Prozessen gedroht, bis sie begann, auch homosexuell Orientierte zu vermitteln.
Die Liste an Beispielen, nach denen die allgemeine Akzeptanz der Homo-Ehe gläubige Christen im Beruf, in der Schule oder sogar in der Kirche in Schwierigkeiten bringt, ist lang. Im Sommer berichtete die säkulare Nachrichtenseite Real Clear Politics von weitreichenden Konsequenzen, welche die Homo-Ehe für das Bildungswesen und die Religionsfreiheit hat.
Eine ähnliche Entwicklung ist auch in Europa zu beobachten. In Schweden und Großbritannien wurden zwei Pastoren, die sich gegen Homosexualität ausgesprochen hatten, vorübergehend wegen Diskriminierung festgenommen. Die voranschreitende völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe geht Hand in Hand mit Antidiskriminierungsgesetzen, die eine massive Einschränkung der Religions- und Gewissensfreiheit zur Folge haben. Das können Christen nicht gleichgültig hinnehmen.
Halten Menschen, die sich weigern, eine Hochzeitstorte oder Blumen zu liefern, den Lauf der Welt auf? Sicherlich nicht. Aber sie praktizieren ihren Glauben. Wenn ein Christ eine Videothek eröffnet, kann er sich entscheiden, keine Pornos ins Sortiment zu holen. Damit ändert er nichts am hohen Pornokonsum der Gesellschaft, macht sich aber nicht eins damit und trägt auch nicht dazu bei. Sollte früher ein Christ zum Wehrdienst herangezogen werden, konnte er verweigern – oder auch nicht, je nach persönlichem Gewissen.Diese Gewissensfreiheit ist durch die staatliche Aufwertung von Homosexualität bedroht.
Torte statt Segen
von Anna Lutz
In den USA scheint die Weigerung mancher Christen, Homosexuelle zu beliefern, en vogue zu sein. Nicht nur in Denver wollte jüngst ein Konditor zwei heiratswillige schwule Männer nicht bedienen, auch in Washington wurde ein ähnlicher Fall bekannt.
Man könnte annehmen, gläubige Menschen seien zunächst ihrem Gewissen unterworfen, egal, an was sie glauben. Moslems können sich demnach weigern, Süßwaren für eine christliche Hochzeit bereitzustellen. Veganer können es ablehnen, eine Feier zu beliefern, auf der Fleisch und Milch konsumiert wird. Hindus können den Auftrag eines anderen Hindus aus einer niederen Kaste ablehnen. Oder?
Eben nicht. Das letzte Beispiel macht sehr deutlich, dass auch mit Bezug auf das Recht der Religionsfreiheit eben nicht alles ohne weiteres erlaubt sein muss. Lebte der Konditor in Deutschland, müsste er sich mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auseinandersetzen. Wer Menschen aufgrund ihrer Rasse, ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Identität benachteiligt, handelt zunächst entgegen dieser Regel, auch wenn es hier Ausnahmen geben kann. Das kann Christen gefallen oder nicht, aber ein Bäcker, der Homosexuelle nicht bedienen will, könnte auch hierzulande vor Gericht landen – übrigens unabhängig von der rechtlichen Einführung der Homo-Ehe.
Soviel zum Status Quo. Selbstverständlich müssen Zuckerbäcker am Ende selbst entscheiden, wen sie beliefern und wen nicht und warum sie das tun. Christen, die sich nur zu gut in die Lage des amerikanischen Konditors hineinversetzen können, sollten sich aber auch jenseits der rechtlichen Grundlagen fragen: Welchen Sinn hat mein Handeln in diesem Fall? Mach ich mich selbst vor Gott schuldig, indem ich Zuckerwaren an Schwule liefere? Oder kann es nicht sogar sein, dass ich durch meine Weigerung eine Chance zum Kontakt, zur Freundschaft, zur Nächstenliebe unachtsam ausschlage? Warum will ich den Aufrag überhaupt ablehnen?
Niemand wird eine schwule Hochzeit durch das Nichtliefern einer Torte verhindern. Stattdessen schlägt er die Möglichkeit eines Dialogs aus. Wie können wir jenen, die wir über Jahrhunderte hinweg verstoßen haben, das Gefühl geben, geliebt zu sein, anstatt wegen eines Haufen Zuckers die Gräben zwischen Homosexuellen und Kirche noch zu vertiefen? Kein christlicher Konditor muss einer Homo-Ehe seinen Segen geben, die Entscheidung darüber sollte er getrost Gott überlassen. Die Süßwaren zum Fest kann er aber durchaus liefern.
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