Ein unpolitischer Ruheständler: Horst Seehofer wird 75 Jahre alt

Von Berlin nach Bayern und zurück: Horst Seehofer hat eine lange Karriere als Bundesminister und Ministerpräsident hinter sich. Seinen wichtigsten Vorsatz, sich aus der Politik zurückzuziehen, hält er bislang konsequent ein. Am 4. Juli wird er 75.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat vor Aktionismus beim Kampf gegen Terrorismus gewarnt

Seit er 2021 die politische Bühne verlassen hat, ist es ruhig geworden um Horst Seehofer (CSU). Im Ruhestand wolle er ein unpolitischer Mensch sein, verriet der langjährige bayerische Ministerpräsident und Bundesminister dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ kurz vor seinem Ruhestand. „Sie werden mich in keinem Aufsichtsrat finden. Sie werden mich mit der aktuellen Politik nicht locken können, auch wenn sie mich vielleicht noch so ärgert.“ Daran hat sich Seehofer – von Polit-Kollegen wegen plötzlicher Meinungsumschwünge gern als „Drehhofer“ verspottet – gehalten. Am 4. Juli wird er 75 Jahre alt.

Seehofer wurde 1949 in Ingolstadt in eine katholische Arbeiterfamilie geboren. Nach der Mittleren Reife wählte er eine Laufbahn als Kommunalbeamter, wo er nach eigener Aussage zu einem „Erfahrungsjuristen“ heranreifte. 1971 trat er in die CSU ein, 1980 wurde er erstmals in den Bundestag gewählt, dem er bis 2008 angehörte. Das Mandat legte er nieder, weil er 2008 als bayerischer Ministerpräsident in die Staatskanzlei nach München wechselte. Seehofer war zuvor Bundesgesundheitsminister (1992–1998) unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), unter Angela Merkel (CDU) dann Bundeslandwirtschaftsminister (2005–2008).

Streit mit Merkel

Nach dem Abschied als Ministerpräsident 2018 holte ihn Merkel als Bundesinnenminister (2018–2021) zurück – trotz des angespannten Verhältnisses zwischen den beiden seit der „Flüchtlingskrise“. Merkel setzte 2015 mit ihrem inzwischen historischen Satz „Wir schaffen das!“ den Ton einer offenen Willkommenskultur. Die CSU – allen voran Seehofer – warnte vor einer unregulierten Zuwanderung und forderte eine Obergrenze von 200.000 neuen Geflüchteten pro Jahr.

Unvergessen der CSU-Parteitag 2015, als Seehofer der neben ihm stehenden und zunehmend versteinert dreinblickenden Angela Merkel minutenlang auf der Bühne die Leviten beim Thema Zuwanderung las. Auch der aktuelle Ministerpräsident Markus Söder (CSU) musste einstecken: Auf der CSU-Weihnachtsfeier 2012 sagte Seehofer dort zu Journalisten, dass Söder „Schmutzeleien“ verbreite, „charakterliche Schwächen“ habe und von „Ehrgeiz zerfressen“ sei. Verhindern konnte er Söder als Nachfolger letztlich nicht, seine Ämter gab er aber nur zögerlich ab. Im März 2018 trat er als Regierungschef zurück, im Januar 2019 als CSU-Chef.

Gesundheitlich angeschlagen

Seehofer war ein Meister im Austeilen, musste aber auch Rückschläge einstecken – politische wie gesundheitliche. 2002 musste er wegen einer lebensbedrohlichen Herzmuskelentzündung infolge einer verschleppten Infektion ins Krankenhaus, er brauchte eine monatelange Reha, um wieder auf die Beine zu kommen. Danach sortierte er sich neu: „Seitdem gehe ich gelassener durch den Tag, lasse mich nicht mehr so treiben und hetzen – auch wenn mir das oft als Arroganz ausgelegt wird“, sagte Seehofer einmal der „tz“. Aber das stimme nicht: „Ich gehe einfach bewusster mit meinem Leben und meiner Gesundheit um.“

2007 der nächste Rückschlag für Seehofer. Nach dem Sturz Edmund Stoibers (CSU) als Ministerpräsident und CSU-Chef lag Seehofer gut im Nachfolge-Rennen – bis die „Bild“ enthüllte, dass der verheiratete und dreifache Familienvater eine Freundin hatte, die von ihm schwanger war. Seehofer bekannte sich zum Kind, entschied sich aber nach monatelangem Überlegen, bei seiner Frau zu bleiben. In der CSU mit ihrem traditionellen Familienbild war der Kampf um die Stoiber-Nachfolge für ihn gelaufen. Ministerpräsident wurde Günther Beckstein, CSU-Chef Erwin Huber – beide blieben es aber nur für ein Jahr. Es folgte: Seehofer.

Das „Hamsterrad“ der Politik vermisst Seehofer im Ruhestand nach eigener Aussage nicht. Bei einer Veranstaltung des „Donaukurier“ vor zwei Jahren erzählte er, dass er Freundschaften pflege, Schafkopf spiele und er seine Heimat Ingolstadt mit ihren kulturellen Schätzen wieder neu entdecke. Er lese, spiele Keyboard und lerne Programmieren: „Ich genieße das – ich genieße das ausgesprochen.“ Wenn man mit etwas aufhöre, müsse man loslassen: „Und ich glaube, das hab‘ ich geschafft.“

epd
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