Es ist ein Film, der richtig schlechte Laune macht: „The Apprentice“ (Der Lehrling) erzählt vom Aufstieg Donald Trumps im New York der 70er und 80er Jahre. Er ist ein Neuling in der Baubranche, geradezu milchbubihaft, allein bekannt durch seinen Vater Fred Trump, ein cholerischer Immobilienmillionär. Doch „Donnie“, wie er im Film immer wieder genannt wird, hat einen Traum: Er will ein Luxushotel nahe der Grand Central Station errichten. Und er ist bereit, alles zu tun, um diesen Traum zu verwirklichen.
Als Fred Trump wegen eines Rassismusskandals vor Gericht kommt, droht auch Sohn Donald unter dem schlechten Image des Familiennamens zu leiden – und engagiert deshalb den populären Anwalt Roy Cohn, um das Unternehmen des Vaters zu verteidigen. Cohn – ebenfalls eine historische Persönlichkeit – ist damals ein großer Name unter US-Patrioten. Er gilt als erfolgreich, Feind der Kommunisten und absolut skrupellos.
Spätestens nach Cohns erster Begegnung mit Donald Trump im Film ist klar, wie der Titel „The Apprentice“ zu verstehen ist: In die Lehre geht hier der junge, noch unbescholtene und zuweilen peinlich unsichere Donald Trump. Und zwar bei einem, der weiß, was er will und es in der Regel bekommt. In einer Schlüsselszene des Films lehrt Cohn Trump seine drei Prinzipien für Erfolg: Geh immer auf Angriff. Streite alles ab, was man dir vorwirft. Erkläre dich selbst stets zum Sieger. Eine Aufforderung an den Zuschauer, diese fragwürdigen Weisheiten mit Trumps Leben von heute abzugleichen.
Erfolgreich und skrupellos
Im Film sowie in der Realität bleibt Trumps Erfolg nicht aus. Er baut das weltbekannte Grand Hyatt Hotel im Zentrum New Yorks. Und schließlich auch noch den Trump Tower. Doch er geht dafür über Leichen, ganz wie sein Vorbild Cohn es ihn lehrt, frei nach dem Motto: Regeln zählen nichts, wenn etwas wirklich Großes auf dem Spiel steht. Für Cohn ist dieses Große stets sein Land. Für Trump hingegen ist es der eigene Ruhm.
Als Cohn an Aids erkrankt, lässt Trump ihn hinter sich. Ebenso wie seinen Vater und seinen schwerkranken Bruder. Als seine Frau Ivana ihm zu oft widerspricht, vergewaltigt er sie auf dem Wohnzimmerboden. Das letzte gute Haar nimmt Regisseur Ali Abbasi ihm im wahrsten Sinne, als er ihn am Ende des Films auf dem OP-Tisch bei einer Kopfhautstraffung und einer Fettabsaugung zeigt. Wem bis dahin noch nicht die gute Laune vergangen ist, verliert sie an dieser Stelle.
„The Apprentice“ ist ein international hochgelobter Film, wurde etwa beim Filmfestival in Cannes mit stehenden Ovationen geehrt. Donald Trump selbst erklärte, gegen die Filmemacher vorgehen zu wollen, was dieser Tage vielleicht auch so etwas wie eine Adelung ist. Und doch lässt der Film seine Zuschauer einigermaßen ratlos, vor allem aber wütend zurück. Ganz offensichtlich stellt er die Frage: Soll dieser unmoralische Kerl tatsächlich ins Weiße Haus einziehen?
Politik zu hinterfragen, ist von jeher die Aufgabe von Kunst. Sie darf dabei auch überzeichnen und das tut dieser Film ohne Frage. Die Aussage: Trump ist ein übler Kerl, ein Frauenfeind, ein Lügner, skrupellos und egoistisch. Deshalb ist er heute berühmt, nur deshalb konnte er überhaupt Präsident werden und wird es vielleicht ein zweites Mal.
Was in „The Apprentice“ fehlt
Dieser Botschaft mögen viele etwas abgewinnen können, dennoch lässt „The Apprentice“ eines schmerzlich vermissen: Er beantwortet nicht die Frage, wieso aus dem einst jungen, unsicheren Donald Trump ein skrupelloser Geschäftsmann werden konnte. Wieso er alle Menschen in seinem Leben ohne schlechtes Gewissen fallen lässt. Zwar deutet er die schwierige Beziehung zum Vater an. Doch dabei belässt er es. Da ist kein Bemühen zu spüren, die Psyche Trumps zu begreifen. Dabei wäre der großartig ausgewählte Hauptdarsteller Sebastian Stan mit der Darstellung sicherlich nicht überfordert gewesen.
Die Filmemacher gehen der Frage aus dem Weg, was Trump zu dem schlechten Menschen gemacht hat, als den sie ihn zeichnen. Der doppelte Boden bleibt aus. Und so bietet „The Apprentice“ wenig Neues, aber dafür allerhand Anlass, sich über Donald Trump zu empören. Als hätte man dessen nicht ohnehin genug.
Tiefe bietet im Film stattdessen die Lebensgeschichte Cohns (Jeremy Strong, bekannt aus der Erfolgsserie „Succession“). Als von Krankheit gebeugter Mann muss er am Ende seines Lebens erkennen, dass aller Ruhm und alle Macht, ja sogar die Liebe für das eigene Land, doch nur temporär sind und im Angesicht des Todes keine Rolle spielen. Eine zutiefst biblische Erkenntnis, der Donald Trump wohl wenig abgewinnen kann. Und das, obwohl dieser derweil im wirklichen Leben sogar seine eigene Bibel vermarktet.