Er lebt freiwillig in Armut und hat sich ganz Gott gewidmet. Das ewige Leben ist sein Ziel. Anba Damian, Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, hängt sein Herz nicht an die Dinge dieser Welt. Verantwortung für seine Mitmenschen übernimmt der ehemalige Oberarzt dennoch.
Von PRO
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Anba Damian ist Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland
Ruhig und andächtig sitzt er da, die Hände über der Brust verschränkt. Die schwarze Soutane reicht fast bis zum Boden. Die Sonne scheint ihm ins Gesicht, ab und zu muss er blinzeln. Bischof Anba Damian wirkt mit sich und der Welt im Reinen. Dabei ist er nicht so ruhig wie es scheint. Besonders die Ereignisse in seinem Heimatland Ägypten beschäftigen den Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland. Seine Glaubensgeschwister leiden dort unter der Gewalt und dem Hass vieler Moslems, erklärt er. „Der Koran und die Scharia sind die Hauptquelle der Gesetzgebung. Das heißt, wenn ein Täter Moslem ist und sein Opfer ein Christ, dann kann der Täter nicht bestraft werden“, sagt Damian. Gewalttätige Übergriffe seien deshalb an der Tagesordnung. Auch wenn offiziell etwas anderes kommuniziert würde, Rechte und Schutz hätten die Kopten in ihrem Heimatland nicht. Damian senkt den Kopf, der Schmerz über die Situation ist ihm anzumerken.
Damians Dienstsitz ist das Kloster Höxter-Brenkhausen in Nordrhein-Westfalen, das er mit Hilfe koptisch-orthodoxer Diakone aus Ägypten im Jahr 1993 restaurierte. Zuvor war er bereits einige Zeit in Düsseldorf als Seelsorger und Priester tätig und Ansprechpartner für die koptisch-orthodoxen Jugendlichen in Deutschland. Zu dem Zeitpunkt hatte er aber schon eine lange Laufbahn hinter sich, beherrschte nahezu perfekt die deutsche Sprache und vor allem das Schwäbische.
Visite auf Schwäbisch
Obwohl ihn das Leben als Mönch schon als Kind faszinierte, begann der 59-Jährige seine berufliche Karriere als Mediziner. Damals hieß er noch Refaat Ramzi Mikhail Fahmi. Ein Leben als Mönch habe er sich zunächst nicht erlauben können, erzählt er. Der Vater starb früh und seine Mutter war mit fünf Kindern allein. Damian war der einzige Sohn. „Ich hatte Verantwortung für meine Familie. Es wäre ihr gegenüber unfair gewesen, Mönch zu werden“, sagt er. Wegen seiner guten Noten studierte er Medizin. Mit dem Verdienst als Mediziner konnte er seine Mutter und die vier Schwestern über die Runden bringen, auch wenn das Einkommen nicht hoch war. Umgerechnet vier Euro verdiente er in seinem ersten Jahr als Arzt in Ägypten. Als er dann seinen ersten deutschen Arbeitsvertrag in Händen hielt, traute er seinen Augen kaum: 5.000 Mark sollte er pro Monat erhalten.
Seine Facharztausbildung in Strahlentherapie, Nuklearmedizin und Röntgendiagnostik machte Damian in Ludwigsburg und arbeitete in den 80er Jahren anschließend als Oberarzt im Enzkreis in Baden-Württemberg. Nach Deutschland kam er, weil eine seiner Schwestern in Stuttgart eine medizinische Behandlung brauchte. Auf der Suche nach einem Praktikum beim amerikanischen Militärkrankenhaus in Stuttgart wurde ihm dort eine Stelle als Arzt angeboten. Damian nahm das Angebot an. Deutsch konnte er zu dem Zeitpunkt noch nicht. „Die ersten sechs Monate hat der Chefarzt mir zuliebe alle Besprechungen auf Englisch abgehalten“, erinnert sich Damian. Dann war Schluss und der Ägypter musste von einem Tag auf den anderen Deutsch reden, oder besser gesagt Schwäbisch. „Ja, ich habe zuerst Schwäbisch und dann Hochdeutsch gelernt“, sagt er und lacht.
Den Wunsch, Mönch zu sein und sein Leben ganz Gott zu widmen, hatte Damian zu dem Zeitpunkt aber noch nicht aufgegeben. Als seine Schwestern auf eigenen Beinen standen und er sie und die Mutter gut versorgt wusste, zog er sich eine Woche lang in seine Dienstwohnung zurück. „Als auch meine jüngere Schwester unter die Haube kam, fühlte ich mich richtig frei“, erinnert er sich. Das klingt, als habe die Verantwortung, die er schon früh für die Familie übernommen hatte, eine große Last für Damian bedeutet.
Ewiges Leben „nicht außer Acht lassen“
In der einen Woche, die er ganz zurückgezogen und im Gebet verbrachte, habe er deutlich die Stimme Gottes vernommen, dass es nun an der Zeit sei, Mönch zu werden, sagt Damian. Die Entbehrungen, die das monastische Leben mit sich bringt, schreckten ihn damals nicht. Als koptischer Mönch gebe es drei Säulen, die einzuhalten seien: Ein Leben in Keuschheit, freiwillige Armut und Gehorsamkeit. Trotz des guten Verdienstes als Arzt fiel Damian die Armut nicht schwer: „Als Mediziner habe ich auch schon sehr bescheiden gelebt. Das ist unter den Schwaben nicht schwierig“, sagt er. Er lacht. Er habe ja die Familie versorgen müssen. Als er dann in ein Kloster in der Wüste Ägyptens eintrat, floss ein Großteil des angesparten Vermögens an seine Kirche. Das monastische Leben bedeute Verzicht: „Der Dienst als Bischof darf nicht davon ablenken, dass ich Mönch bin. Ein Bischof muss Mönch gewesen sein und auch bleiben.“ Es klingt ganz selbstverständlich, wie Damian das sagt. Sein Herz hängt nicht an materiellen Dingen.
Stattdessen geht es ihm um das ewige Leben. „Das darf ich nicht außer Acht lassen“, macht er klar. Seine Beziehung zu Gott, die er als Vater-Sohn-Verhältnis beschreibt, ist die Grundlage für Damians Leben und Arbeiten: „Es herrscht Liebe, Vertrauen, Respekt. Das bewegt mich, Diener zu sein und andere Menschen zu ermutigen.“ Das tut der Bischof unter anderem in Beichtgesprächen und bei Besuchen in der Justizvollzugsanstalt, im Krankenhaus, bei Jugendtreffen und ökumenischen Begegnungen. Seit kurzem kümmert er sich auch um Flüchtlinge aus Ägypten: „Wir begleiten sie zum Beispiel bei Behördengängen und wollen ihnen nach Möglichkeit helfen.“
Damians Vorbild bei all seinem Tun ist der Heilige Mauritius. „Er war Oberster Offizier in Ägypten. Und er war kompromisslos, wenn es um die Wahrheit ging. Er hat zwar seinem Staat als Offizier gedient, hat Gott als himmlischen Vater aber nicht verloren“, erklärt der Geistliche.
„Wir müssen nicht Everybody’s Darling sein“
Auch wenn er sich um die Belange der Welt kümmert, möchte sich der Bischof nicht zu sehr „in der Welt verwurzeln“. Ein Erlebnis, das er als Mediziner hatte, verstärkte diese Einstellung: „Ein wunderschönes blondes Mädchen kam als Patientin zu mir. Sie hatte Krebs, die Knochen waren voller Metastasen. Die Lebenserwartung betrug anderthalb Jahre. Da wurde mir bewusst, dass der Tod keine Grenze kennt“, erklärt Damian.
Neben dem Einsatz für seine Glaubensgeschwister aus Ägypten liegt dem Kopten auch die Ökumene am Herzen. Mit der Evangelischen Kirche sei die Zusammenarbeit aber nicht immer so einfach. Seine Kirche orientiere sich strikt an der Bibel. Bei der Evangelischen Kirche fehlt ihm das: „Wir sind manchmal schockiert, wie man versucht, sich um jeden Preis an die Gesellschaft anzupassen.“ Aus seiner Sicht gilt: „Wir dürfen nicht immer ja sagen, wir müssen auch lernen, nein zu sagen. Und wir müssen nicht Everybody’s Darling sein.“
Wenn Damian mal eine Auszeit braucht, geht er in den Wald in der Nähe seines Klosters – egal, ob Tag oder Nacht. „Es gibt dort einen Weg, der ungefähr drei Kilometer lang ist. Dort kann ich laut reden, auch in meiner Muttersprache, und beten.“ Er nennt diesen Weg die „Seelenwaschanlage“. Wenn er von so einem Spaziergang zurückkommt, dann ist er wieder bereit, sich den Belangen der Welt zu widmen. Dann hat er wieder Kraft, sich mit ganzem Herzen dafür einzusetzen, Menschen „aus der Tiefe hoch zu holen.“ (pro)
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