„Ein besonderer Fall“

Pausen müssen sein, auch bei der Euro-Rettung. Angela Merkel und Philipp Rösler nutzten eine solche am Dienstag, um ein neues Buch vorzustellen. Der Journalist Michael Bröcker hat sich an einem Porträt des FDP-Politikers versucht und zeichnet Rösler als gläubigen und demütigen Katholiken, der mehr kann, als nur nett zu sein.

Von PRO

In Zeiten der päpstlichen Deutschlandreise, so scheint es, gehört es in der Bundeshauptstadt ein wenig zum guten Ton, stolz seine katholischen Wurzeln zu bekennen. So präsentiert das Porträt-Buch "Glaube. Heimat. FDP" auch den Parteichef Rösler als streitbaren Gläubigen. Passend, dass ausgerechnet die Kanzlerin am Dienstag in Berlin zur Tat schritt, um das Werk gemeinsam mit dem Autor Michael Bröcker und dem Beschriebenen selbst vorzustellen. Denn ein wenig gesellschaftliche Anerkennung tut auch der Bundesregierung derzeit gut – ebenso wie eine Demonstration der Einigkeit. So gaben sich Angela Merkel und Philipp Rösler in der Katholischen Akademie und vor der Hauptstadtpresse betont verbunden, witzelten, zwinkerten sich auf dem Podium zu und zeigten Gemeinsamkeiten in ihren Biografien auf: Eine davon, so erklärte Merkel, sei ihre christliche Herkunft.

Lupenreiner katholischer Lebenslauf

In der Tat zeigt Bröcker den Wirtschaftsminister auch in seinem Portrait als "tief verankert im katholischen Glauben", wie er bei der Vorstellung erklärte. Rösler weist tatsächlich so etwas wie einen lupenreinen katholischen Lebenslauf auf: Das einstige vietnamesische Waisenkind besuchte eine katholische Grundschule in Hamburg, ließ sich im Jahr 2000 in Hannover taufen, ist heute mit einer Katholikin verheiratet und gehört zur Vollversammlung des Zentralkomitees der Katholiken. "Der katholische Glaube ist im Leben des Philipp Rösler eine Konstante", schreibt Bröcker. Merkel nannte ihn gar seinen "entscheidenden Kern". Er selbst sagt im Buch von sich: "Der Glaube ist mein innerer Kompass" und nicht zuletzt einer der Gründe, warum er überhaupt engagiert Politik mache.

Doch was hat so einer ausgerechnet bei der FDP verloren, fragt der Autor weiter. Bei einer Partei also, deren Generalsekretär Christian Lindner noch 2010 eine stärkere Trennung von Kirche und Staat forderte und die traditionell eine "kritische Distanz" zur Kirche wahrt, wie es im Buch heißt. Selbst Rösler sagte einst: "Die Beziehung meiner Partei zur Kirche war stets merkwürdig." Ihre antiklerikale Haltung ist für ihn ein "Grundfehler". Seine Entscheidung für die FDP sei "zufällig und pragmatisch" gefallen, sagte Merkel am Dienstag. Die Junge Union sei ihm "zu spießig" gewesen, die Grünen ebenso wie die SPD "zu links". Blieb also die FDP, die heute eine andere ist als zu Zeiten des Rösler’schen Parteibeitritts 1992. Ein bekennender Katholik, Rösler, ist nun Parteivorsitzender, es gibt einen Arbeitskreis "Christen in der FDP-Bundestagsfraktion". Bröcker will darin eine "fortschreitende Konfessionalisierung bei den Liberalen" erkennen.

Katholisch, liberal, konservativ, jung

Doch selbst wenn dem nicht so wäre, erscheint Rösler in Bröckers Buch als einer, der auch gegen Widerstände in der FDP verharren und sie mit aller Kraft zu gestalten versuchen würde. Ebenso, wie er es auch mit seiner Kirche tut. Denn obwohl Rösler Traditionen pflegt, etwa die Auferstehung Jesu jährlich mit Osterfeuer und Kerzen feiert, ist er kritisch. Er setzt sich für die Anerkennung homosexueller Lebenspartnerschaften ein, plädiert für die Erlaubnis zur Geburtenkontrolle, "wenigstens in Dritte-Welt-Ländern", und kämpfte zuletzt im Bundestag für eine begrenzte Freigabe der Präimplantationsdiagnostik. Sterbehilfe ist für ihn im Gegensatz dazu tabu, da ist er d’accord mit seiner Kirche. So gesehen ist Rösler "ein besonderer Fall", wie Merkel in Berlin sagte. Katholik und Liberaler, liberal und konservativ zugleich – und das mit gerade einmal 38 Jahren.

Er sei vor allem kritisch, sagte Rösler am Dienstag über sich. Er sei einer, der "erst einmal alles hinterfrage". Das würde auch erklären, was den Minister jüngst dazu brachte, öffentlich über eine Insolvenz Griechenlands nachzudenken, ein Umstand, der Rösler laut Bröcker vom netten "Star und Hoffnungsträger" in "Europas gefährlichsten Wirtschaftsminister" verwandelt hat. Hierzu wollten sich Kanzlerin und Stellvertreter am Dienstag dann doch nicht zu ausführlich äußern. Nur so viel sagte Merkel: "Wer Rösler unterschätzt, hat schon verloren." Für Rösler selbst mag dieses Loblied zu viel des Guten sein. Schließlich erklärt er immer wieder, er schätze an seinem christlichen Glauben vor allem, dass er ihn auf dem Boden halte. Den Zusammenhang von "Leid und Opferbereitschaft, Demut und Hoffnung", so schreibt Bröcker, "findet Rösler schlicht ‚großartig’". (pro)

Philipp Rösler – Ein Porträt. Glaube. Heimat. FDP. Michael Bröcker, 152 Seiten, St. Benno, ISBN: 9783746232874

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