Die Süddeutsche Zeitung (SZ) porträtiert in ihrer Ausgabe vom Dienstag den ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter anhand einer Bibelstunde, die das frühere Staatsoberhaupt in seiner Kirche hält. Viele Besucher der „Sunday School“ (Sonntagsschule) in der Maranatha Baptist Church in Plains, dem Geburts- und Wohnort Carters, sind dafür dem Bericht zufolge extra aus allen Teilen des Landes nach Georgia in den Süden der USA gereist.
Der Bericht stellt den 94-jährigen Carter als tiefgläubigen, authentischen Menschen dar. Unter dem Titel „Milde Sorte“ beschreibt Hubert Wetzel den 39. Präsidenten der Vereinigten Staaten als einen bescheidenen, bodenständigen „Menschenfreund“ und überzeugten Christen.
Wetzel schildert, wie Carter an einem Sonntag über Verse aus dem Johannesevangelium (Kapitel 14, Verse 15–26), den Heiligen Geist und über gottgefälliges Leben spricht. „Wie wäre die Welt, wenn das Königreich Gottes Wirklichkeit würde?“, will Carter von den rund 200 Zuhörern wissen, oder wie eine Weltmacht aussehen müsste, „die Gottes Maßstäbe erfüllt“. Carter beklagt, dass Washington und die Regierung bei den Themen Menschenrechten, Umweltschutz und Schutz vor Verfolgung keine Vorbildfunktion hätten. Seine Vorstellung einer Weltmacht beinhaltet, dass die sich für Frieden, für die Umwelt und für Gleichberechtigung weltweit stark macht. „Das ist es, was Jesus Christus uns gelehrt hat“, zitiert Wetzel den US-Präsidenten.
Einst als „Erdnussfarmer“ verspottet, heute hoch angesehen
Demokraten aus allen Teilen der USA reisten zu Carter nach Georgia an, weil dessen Themen – Umweltschutz, Minderheitenrechte und soziale Gerechtigkeit – heute wieder „höchst beliebt“ seien. Anders als bei den Amtsvorgängern des aktuellen Präsidenten müssten Zuhörer, die Carter in seiner Gemeinde besuchen wollten, keine überteuerten Karten für Vorträge kaufen. Für eine Show mit Michelle Obama zahlten Besucher einige hundert Dollar und die Clintons verlangten für Reden sechstellige Honorare. Um Carter zu hören, müssten Zuschauer nur früh genug an der Kirche sein. „Jeder kann für sich entscheiden, was für ein Mensch er sein will“, zitiert ihn der Artikel, und weiter: „Jesus war nicht reich, trotzdem hat er ein vollkommenes Leben geführt.“
Heute, vierzig Jahre nach seiner Präsidentschaft, werde Carter auch von Demokraten als „ernsthafter, anständiger Mensch“ gesehen, „der den Bürgern die Wahrheit gesagt hat“. Das unterscheide ihn „vom Angeber Donald Trump, dem die meisten Amerikaner kein Wort mehr glauben“, schreibt Wetzel. Den demokratischen Präsidenten hätten damals selbst bei den eigenen Parteifreunden von den Demokraten viele als „Erdnussfarmer“ verspottet.
„Jimmy Carter war immer ein tiefgläubiger Mensch“, heißt es in dem Porträt. Er sei so erzogen worden und habe seinen Glauben auch als Präsident nie versteckt. Viele Amerikaner hätten dem Präsidenten jedoch die „offene Frömmigkeit“ als Selbstgerechtigkeit ausgelegt. Wetzel schreibt über ihn: „Carter selbst hat sich aber stets als jemanden gesehen, der die Botschaft von Jesus Christus nimmt und praktische Politik daraus macht.
James Earl Carter Jr. genannt „Jimmy Carter“ wurde am 1. Oktober 1924 in Plains im US-Bundesstaat Georgia geboren und ist dort aufgewachsen. Der Politiker der Demokratischen Partei war zwischen 1977 und 1981 der 39. Präsident der USA. Zuvor war Carter Gouverneur von Georgia.
Von: Norbert Schäfer