Dschihadismus und Salafismus ziehen Jugendliche an. „Es gibt für viele Jugendliche in der westlichen Welt nichts Cooleres, als Dschihadi zu werden“, sagte Guido Steinberg diese Woche in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. Wenn früher der Kommunismus für viele eine Ideologie gewesen sei, um gegen die ältere Generation aufzubegehren, seien dies heute Salafismus und Dschihadismus. „Zwar scheint es bei deutschen Rekruten oft, als könnten diese Menschen jede Ideologie annehmen, wenn sie es nur erlaubt, Protest auszudrücken. Trotzdem muss diese Ideologie zeitgemäß und für junge Leute überzeugend sein“, sagte der Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit.
Abenteuer, eine eingeschworene Gemeinschaft, der Wunsch zu kämpfen und Gewaltfantasien auszuleben seien häufig Gründe dafür, dass militante, gebürtige oder konvertierte Muslime in den bewaffneten Dschihad reisten. Gemeinsam sei ihnen allen, „dass sie in einem islamischen Staat leben wollen – so wie sich die Salafisten ihn vorstellen“. Die gemeinsame religiöse Überzeugung sei für die Kämpfer das wichtigste verbindende Element, auch wenn diese aus ganz unterschiedlichen Ländern und sozialen Umfeldern kämen. Deshalb, so meint Steinberg, sei auch die Religion eine viel wesentlichere Ursache für den Terrorismus als eine Radikalisierung aufgrund schlechter Integration oder sozialer Probleme. „Wenn mangelnde Integration eine zentrale Ursache wäre, würde das nicht erklären, warum so viele andere schlecht integrierte Jugendliche nicht nach Syrien gehen.“
Steinberg stellte auch fest, dass Religion in der deutschen Gesellschaft kaum noch eine Rolle spiele: „Für unsere Werte entschlossen eintreten – das machen wir nicht.“ Jedoch bezweifelte er, dass ein stärkerer religiöser Akzent in der Gesellschaft insgesamt islamistischer Radikalisierung vorbeugen würde. Vor allem gehe es darum, zu verhindern, dass „diese Leute nicht mehr ausreisen können“ und „Rückkehrer Anschläge verüben“. (pro)