Der Deutsche Presserat hat Beschwerden über die Veröffentlichung von Chatnachrichten des Springer-Chefs Mathias Döpfner als unbegründet zurückgewiesen. Gleichzeitig rügte er die Verletzung des Informantenschutzes durch den Verleger der „Berliner Zeitung“, Holger Friedrich. Das Selbstkontrollorgan der Printmedien und deren Online-Auftritte in Deutschland gab beide Entscheidungen am Donnerstag in Berlin bekannt.
Am Inhalt der Nachrichten des Springer-Chefs Döpfner an leitende Angestellte bestehe in dem konkreten Fall ein überwiegendes öffentliches Interesse, hieß es zur Begründung. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ hatte im April unter der Überschrift „Aber das ist dennoch die einzige Chance, um den endgültigen Niedergang des Landes zu vermeiden“ Auszüge aus internen Chats und Mails des Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE veröffentlicht.
Verleger Friedrich gerügt
Die Rüge wegen der Verletzung des Informantenschutzes durch den Verleger der „Berliner Zeitung“ begründete das Gremium mit dem Pressekodex. Demnach gibt die Presse Informanten ohne deren ausdrückliche Zustimmung nicht preis. Verleger Friedrich hatte den Namen eines Informanten, den des ehemaligen Chefredakteurs der „Bild“-Zeitung, Julian Reichelt, an den Springer-Verlag weitergegeben. Reichelt habe zuvor vertrauliche Informationen angeboten.
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Bei der Beurteilung der Beschwerde über die Döpfner-Chats habe im Beschwerdeausschuss Einigkeit darüber bestanden, dass die veröffentlichten Passagen politische und publizistisch-redaktionelle Einschätzungen enthalten, die Döpfner als Vorstandsvorsitzender und Verleger eines der größten Medienhäuser Europas geschrieben hat. An seiner Denkweise und seinem Weltbild bestehe ein öffentliches Interesse, hieß es. Teilweise hätten die Nachrichten auch an die öffentlich geführte Diskussion über die Absetzung des ehemaligen Chefredakteurs Reichelt angeknüpft.
Konflikt mit Springer-Verhaltenskodex
Relevant für die Öffentlichkeit sei auch der Widerspruch zwischen der Rolle Döpfners als Vorstandsvorsitzendem sowie Verleger und seinen von der Wochenzeitung veröffentlichten Äußerungen. Die in den Nachrichten dokumentierten Versuche, auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen, stünden im Konflikt mit dem Verhaltenskodex des Springer-Verlags. Dieser betont laut Presserat redaktionelle Unabhängigkeit von der Geschäftsleitung.
Der Presserat wies eine weitere Beschwerde über einen Artikel der „Berliner Zeitung“ zurück. Im Gegensatz zu ihrem Verleger habe die Redaktion den Informantenschutz gewahrt. In dem betreffenden Artikel habe der Chefredakteur über die Preisgabe des Informanten durch seinen Verleger berichtet. Dass Reichelt der Hinweisgeber war, sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits bekannt gewesen, hieß es zur Begründung.