Lange Zeit sahen Disney-Zuschauer Filme, in denen aus heutiger Sichtweise auch teilweise Rassismus und Diskriminierung vorkamen. Das Filmgeschäft wirkte seinerzeit zeitgenössisch unreflektiert.
Doch Disney steuerte um. Ältere Filme mit rassistischen Inhalten werden nicht gelöscht, aber zu Beginn wird der Zuschauer dafür sensibilisiert. In einer Erklärung im Vorspann erläutert der Filmkonzern schriftlich, dass er das Problem ernst nimmt. So wird etwa bei den Filmen „Dumbo“ oder „Peter Pan“ gesagt, dass die gezeigten Stereotypen falsch waren und sind.
Damit nicht genug. Immer wieder und in den vergangenen Jahren öfter nimmt das Medienunternehmen bewusst auch Protagonisten der LGBTQ-Bewegung in die Filme und Serien auf. Das Unternehmen stellt sich politisch wie auch gesellschaftlich breiter auf. Ein Enkel des Disney-Mitgründers Roy Oliver Disney, spendete eine halbe Million Dollar an eine Organisation, die Mitglieder der LGBTQ-Bewegung aktiv unterstützt. Es fällt derweilen des Öfteren der Vorwurf, dass Disney schon zu „woke“ sei. Den Kampf gegen Diskriminierung hat sich Disney jedenfalls auf die Fahne geschrieben.
Bruch mit eigenen Werten
Ein Medienunternehmen, das für bestimmte Werte einsteht, ist ehrenwert. Doch das aktuelle Erscheinungsbild von Disney ist nicht mehr stimmig. Anfang der Woche hat Disney eine Folge der Kultserie „Simpsons“ in Hongkong aus dem Programm genommen, die seit Oktober auf dem Streamingdienst „Disney+“ zu sehen war.
Der Grund liegt auf der Hand. In der entsprechenden Folge der 34. Staffel wird China eindeutig kritisiert. Die Episode „One Angry Lisa“ handelt davon, wie Lisa Simpson als Jurymitglied bei einer Gerichtsverhandlung berufen wird und ihren Glauben in die US-Justiz verliert. Gleichzeitig kauft sich ihre Mutter Marge ein Trainigsfahrrad, um an einem Sportkurs teilzunehmen. Schließlich zeigt Marges Trainer ihr Bilder von der Chinesischen Mauer und sagt dazu: „Schaut euch die Weltwunder von China an – Bitcoin-Minen und Arbeitslager, in denen Kinder Handys herstellen.“
Die Beweise von Menschenrechtsorganisationen gegen China sind erdrückend. In der nordwestlichen Region Xinjiang wird die muslimische Volksgruppe der Uiguren unterdrückt und in Arbeitslagern gefangen gehalten.
Nun hat Disney die Folge in Hongkong aus dem Programm genommen. Das ist ein Skandal. Disney kuscht vor China, das Hongkong verwaltet und den Einfluss der Demokratiebewegung immer weiter zurückdrängt. Wer einerseits auf Werte pocht und andererseits so handelt, der beweist nur eines: Doppelmoral. Werte dort vertreten, wo diese erwünscht sind, ist für Disney kein Problem. Aber dort, wo es etwas kostet, im Zweifel auch den Zugang zum großen chinesischen Markt, will der Konzern nicht für Werte wie Menschenrechte einstehen.
Disney vergibt außerdem eine große Chance. Statt einzuknicken, hätte Disney Werte und Mut zeigen können und bewusst China kritisieren können. Das amerikanische Unternehmen hätte Solidarität mit den Künstlern und Produzenten in Hongkong und China zeigen können. Seit 2021 gilt in Hongkong ein Filmzensurgesetz. Unliebsame Inhalte müssen gelöscht werden. Disney selbst ist davon nicht betroffen. Doch tausende Künstler in Hongkong leiden darunter. Wie stark wäre eine Unterstützung Disneys gegen dieses Gesetz gewesen, wie sehr hätte es den Künstlern vor Ort Kraft gegeben!
2 Antworten
Au, das sind große Worte: Doppelmoral. Wenn es um China geht sind wir da schnell mit solchen Aussagen. Was ist, aber wenn sich die USA als moralische Instanz der Welt erhebt und Kriege wie die des arabischen Frühlings kritisiert werden wird man auch bei uns ganz schnell gecancelt. An diesem Beispiel soll gezeigt werden wieviel Doppelmoral auch bei uns vorhanden ist. Unmoral ist aber universell und muss für alle gleichermaßen gelten: es muss deswegen nicht nur mein Feind kritisiert werden sondern auch mein Freund. Und die Stärke Chinas kommt doch daher, dass wir im Westen mit Euro und Dollarzeichen vor Augen schnell Geld verdienen wollten. Wir haben den Geist komplett aus der Flasche gelassen!!! Aus diesem Grund wird uns hier nicht die Doppelmoral von Disney, sondern der USA vorgeführt. Wir können aber nicht erwarten, dass China den Westen als Beispiel für Moralität nimmt, wenn wir selbst soviel Dreck am Stecken hat. Nein, er verhält sich nämlich ganz einfach genauso wie wir auch!
Eigentlich gar kein Widerspruch bei „Disney“, – denn sie zeigen sich in China, wie auch hier im Westen, als konsequente Anpasser an die jeweils gefordert politische „Korrektheit“.