Die meisten Menschen sterben ohne Schmerzen

Dass Sterben oft qualvoll und schmerzhaft ist, ist heutzutage meistens eine falsche Annahme. Dank der Palliativmedizin könnten die meisten Menschen sterben, ohne große Schmerzen zu spüren.
Tote Hand

Die allermeisten Patienten sterben nach Aussage des Gießener Palliativmediziners Ulf Sibelius mittlerweile ohne Schmerzen. „Wir können über 90 Prozent unserer Patienten mit einer guten Therapie schmerzgestillt behandeln“, sagte der Internist in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Patienten, deren Leiden die Mediziner nicht zu lindern vermögen, könnten sie so sedieren, „dass sie das nicht mehr bei vollem Bewusstsein ertragen müssen“.

Sibelius ist einer der Mitbegründer der Palliativmedizin in Deutschland. Sie ist eine Reaktion der Medizin auf die Hospizbewegung der 1980er Jahre, die sich für ein Sterben in Würde einsetzt. In der Palliativmedizin gehe es darum, am Lebensende die Symptome zu lindern und einen Raum für seelische und spirituelle Fragen zu schaffen, sagte der stellvertretende Direktor der Klinik für Onkologie, Hämatologie und Viszeralmedizin des Uniklinikums Gießen.

Den Wunsch vieler Menschen, zu Hause sterben zu wollen, betrachte die Palliativmedizin mittlerweile differenziert. „Viele sagen: Ich möchte gern sterben, wie ich es mir vorstelle. Das kann bedeuten, dass ich eine Zeit lang zu Hause bleiben möchte, aber in der letzten Phase doch nicht“, erläuterte Sibelius. Die Menschen könnten dann auf einer Palliativstation, in einem Hospiz oder im Pflegeheim sterben.

Bei den Therapien am Lebensende griffen manche Patienten nach jedem Strohhalm. Das sei auch berechtigt: „Sie lesen, dass ein neues Medikament auf dem Markt ist, das soundsoviel Lebensverlängerung bringt und fragen sich, warum soll es nicht auch mich betreffen?“ Allerdings sei es ethisch schwierig, „weil diese Menschen noch eine Therapie bekommen, die mehrere tausend Euro im Monat kostet und von der keiner weiß, ob sie überhaupt hilfreich ist.“ Viele Patienten sagten jedoch auch, dass sie bestimmte Therapien am Lebensende nicht mehr wollten: „Da gehen wir mit und beraten.“

In der Sterbephase hätten die Menschen Angst vor Luftnot und Schmerzen, aber auch davor, was sie nach dem Tod erwartet. Die Frage nach dem „Danach“ könne die Medizin nicht beantworten. „Früher hat uns die Religion geholfen. In einer säkularen Gesellschaft ist da niemand mehr, der mir sagen kann, was nach dem Tod kommt.“

epd
Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen