Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, übt im Gespräch mit dem Magazin Der Spiegel Kritik am Populismus, den es sowohl von links wie auch von rechts gebe. Die „großen Vereinfacher“ suchten nach einem Schuldigen und nach einer simplen Lösung. „Für die einen sind es die Reichen, denen man angeblich problemlos etwas wegnehmen kann, damit es den Armen besser geht. Für die anderen sind es die Flüchtlinge und die Forderung: Wenn man die nicht mehr ins Land lässt, wird alles gut.“ Marx zeigt sich zuversichtlich, dass die offene Gesellschaft stark genug sei, „solchen simplen Denkweisen nicht anheimzufallen“.
Ob ein Christ die AfD wählen könne, wollen die Spiegel-Autoren wissen. „Das kann man nicht mit Ja oder Nein beantworten“, sagt der Katholik. „Ein Christ sollte höchste Vorsicht walten lassen, wenn Politiker wieder dem Nationalismus das Wort reden, wenn sie Fremdenfeindlichkeit schüren oder eine ganze Religion zum Feind erklären.“ Würden solche Fahnen aufgezogen, könne ein Christ nicht einfach hinterher marschieren. Hier seien die katholischen Bischöfe aufgerufen, „rote Linien zu definieren“. Das habe er bereits öffentlich deutlich gemacht, sagt Marx.
Herz nicht an materielle Dinge hängen
Für den Fall, dass sich die AfD-Führung mit der Bischofskonferenz treffen wolle, würde es laut Aussage Marx‘ derzeit voraussichtlich nicht zu einer Zusammenkunft kommen: „Wir haben es bislang immer so gehalten, dass die im Bundestag vertretenen Parteien Gespräche bekommen, wenn sie das wünschen und wir uns auf Themen und Gesprächspartner einigen können.“
Marx wird auch danach gefragt, wie er einem Hartz-IV-Empfänger den Vers aus dem Matthäus-Evangelium „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich“ erklären würde. Hinter diesem Vers stecke keine Botschaft für den Sozialstaat heute, erklärt der Katholik. Gemeint sei: „Man soll sein Herz nicht an materielle Dinge hängen. Es geht um jene reichtumskritische Haltung Jesu, die sich im Evangelium an mehreren Stellen findet. Reichtum kann Menschen einengen, er kann sie hindern, ihren Weg in die Freiheit und zu Gott zu finden.“
Den Hartz-IV-Regelsatz findet der oberste Katholik jedoch „viel zu niedrig, als dass er dazu dienen könnte, den Menschen eine gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern“. Übersteige die Ungleichheit in einem Land ein bestimmtes verträgliches Maß, gefährde das den Zusammenhalt in der Gesellschaft und damit die Solidarität. Gerechte Löhne seien dabei ein wichtiger Punkt: „Wer arbeitet, muss am Ende mehr haben, als nur das Nötigste zum Überleben. (pro)
Von: mab