Es ist zum Kopfschütteln. Politiker, Bürokraten und andere Entscheider unseres Landes scheinen tatsächlich nicht mehr ganz bei Trost zu sein, nimmt man die Beispiele, die der Journalist Peter Hahne in seinem neuen Buch „Seid ihr noch ganz bei Trost!“ ausbreitet – von naivem Zurückweichen vor dem Islam über geschichtsvergessene Entscheidungen deutscher Behörden bis zur sogenannten gendergerechten Sprache. Da sind etwa zwei Leipziger Kitas, die den Kindern zum Mittagessen kein Schweinefleisch mehr anbieten wollen aus Rücksicht auf Muslime. Oder muslimische Polizeibeamte, die aus religiösen Gründen einer Frau den Handschlag verweigern. Und da ist da noch ein – ausgerechnet spendenfinanziertes – „christliches Medienmagazin“, das, statt das Problem zu erkennen, die Bild-Zeitung „frontal“ angreift, weil die sich darüber aufregt.
Hahne geht in seiner Analyse der Missstände gewohnt scharfzüngig, wortgewandt und hin und wieder mit Humor gewürzt zu Werke, zieht Quellen und Daten zu Rate und kann sich insgesamt prächtig aufregen. Darüber, dass zum Christentum konvertierte Flüchtlinge abgeschoben werden, dass Politiker sich maßlos kompliziert ausdrücken; über die überhöhte Verehrung der Klimaaktivistin Greta Thunberg, pingelige Bürokraten, heuchlerische Politiker, politisch korrekte Sprache und den Druck der öffentlichen Mainstream-Meinung. Die Themen sind weitestgehend nicht neu, sondern kommen schon in Vorgängerbüchern wie „Schluss mit euren ewigen Mogelpackungen“ oder „Rettet das Zigeunerschnitzel“ vor. Aber Beispiele dafür gibt es immer wieder.
Klare Kante für den, der’s mag
In vielen Punkten ist Hahnes Analyse grundsätzlich zuzustimmen; darüber, ob jedes Thema davon ein solcher Skandal ist, wie es zuweilen in seinem Buch rüberkommt, kann man streiten. Polemik ist sein Stil. „Während die klerikale Schickeria mit Gender und der Heiligen Greta paktiert und den Islam verniedlicht, müssen sich die Gläubigen an der Basis auf das Leiden vorbereiten“, ist so ein typischer Hahne-Satz. Überhaupt hat es Hahne auf die „kindliche Klimagöttin“ mit ihrem „nervenden Greta-Geschrei“ und auf ihre „Gefolgschaft“ aus „Greta-Jüngern“ abgesehen.
Und wie auch in früheren Büchern dieser Art reibt sich Hahne vielerorts an „Gutmenschen“, findet Dinge „bekloppt“, beobachtet eine „Meinungsdiktatur“ und entdeckt „behördlichen Schwachsinn“. Fans mögen sich daran ergötzen und sich freuen, dass hier mal einer „klare Kante“ zeigt. Aber wessen Sache dieser Stil nicht ist, der könnte sich auf Dauer davon genervt fühlen.
Dabei hat Hahne auch einige wirklich tiefsinnige Momente in sein Buch eingestreut. Etwa wenn er schreibt, dass wir vor der Grundfrage stehen: „Was ist der Mensch?“ Die werde heute so beantwortet: „Ich bin meine Tat.“ Der Mensch werde über seine Leistung definiert statt als Geschöpf und Ebenbild Gottes. Daran gingen aber Menschen zugrunde. Denn was, „wenn man nichts mehr tun kann?“, fragt Hahne, der sich selbst als evangelikaler Lutheraner beschreibt.
Hoffnung? Eher nicht.
Insgesamt dominiert aber die bissig-polemische Analyse der deutschen Gesellschaft. Und das wirkt aufs Ganze gesehen wie der von oben herab gerichtete Blick von einem, der zu wissen meint, wie es laufen sollte. Das Coverfoto des Autoren mit dem ungläubigen Blick und der Hand an der Stirn tut das Übrige. Unsere Gesellschaft, das bleibt am Ende hängen, ist nicht mehr zu retten, die deutsche Kultur und der christliche Glaube weichen dem Islam, Trost bietet einzig die Bibel und „die Gegenwart Gottes im Leid“.
Erquicklich ist dieses Resümee nicht. Es ist ein resigniertes Fazit. Selbst wenn Hahne mit seinen düsteren Prognosen Recht behalten sollte – und das ist nicht völlig abwegig: Die christliche Botschaft bietet auch Hoffnungsschimmer dafür, das Hier und Jetzt zu gestalten, statt auf ein leidvolles Ende zu warten. Schade, dass es diese Perspektive nicht ins Buch geschafft hat.