3.100 Sendungen in 60 Jahren und nur einmal kam es zu einer Panne: Ausgerechnet am ersten Sendetermin am 1. Mai 1954 sorgte ein Kabelbruch für einen schwarzen Bildschirm. Seit dem 8. Mai jenes Jahres strahlt die ARD das Verkündigungsformat jeden Samstagabend aus. Zum Geburtstag gibt es ein neues Design, ein Jugendformat und einen Videowettbewerb.
Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, würdigte das Wort zum Sonntag als „geistliche Tagesschau“
„Himmel und Erde vergehen, doch das Wort zum Sonntag bleibt bestehen“, sagte der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor bei der Jubiläumsfeier der christlichen Verkündigungssendung am Montag in Hamburg. Das Wort zum Sonntag ist neben der Tagesschau das älteste Format im deutschen Fernsehen. Seit 60 Jahren sendet das Erste jeden Samstagabend zwischen 22 Uhr und Mitternacht eine fünfminütige Ansprache eines Kirchenvertreters.
„Menschen sind Geschöpfe und Ebenbilder Gottes, und unser Leben ist ein Geschenk – das ist die Grundbotschaft seit 60 Jahren“, erklärt Nikolaus Schneider, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Ziel und Inhalt der Sendung sei es, dem Publikum das Wort Gottes in verständlicher Weise zu vermitteln. Die Zuschauer sollen aufgefordert werden, innezuhalten und über Werte und Sinnfragen nachzudenken.
„Gelebte Ökumene“
Dabei wechseln sich vier katholische Geistliche und vier evangelische Vertreter aus verschiedenen Land- und Kirchenkreisen mit ihren Ansprachen ab. Damit sei das Format ein Beispiel für „gelebte Ökumene“, sagte EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider. Verantwortlich für die Inhalte sind die Kirchen, die ihre Vertreter selbst auswählen und schulen. In der Regel werden diese auf zwei Jahre berufen.
Die aktuellen evangelischen Sprecher sind: Annette Behnken aus Hannover, Alfred Buß aus Unna, Stefan Claaß aus Mainz und Nora Steen aus Hildesheim. Die derzeitigen katholischen Vertreter sind: Gereon Alter aus Essen, Dr. Wolfgang Beck aus Hannover, Michael Broch aus Leonberg und Verena Maria Kitz aus Frankfurt.
Zu Anfang dauerte das Wort zum Sonntag noch 20 Minuten. Diese wurden nach und nach auf heute fünf Minuten Sendezeit reduziert. In der Regel wird die Sendung in einem der Landesstudios der ARD aufgezeichnet. Doch gelegentlich standen die Redner auch in der Fußballarena, im Boxring oder vor der Kulisse des Eurovision Song Contests. Auch Pflanzen, Hühner und ein Hund kamen zum Einsatz. Zweimal bereits hielt ein Papst eine Ansprache: Im April 1987 trat Johannes Paul II. vor die Kamera und im September 2011 Benedikt XVI. mit einem Appell zu Frieden und Versöhnung.
Eine Art „geistliche Tagesschau“
Das Wort zum Sonntag nimmt aktuelle Geschehnisse und Trends als Aufhänger, wie Naturkatastrophen, Amokläufe und politische Debatten. Das Format sei somit eine Art „geistliche Tagesschau“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. „Wie die Nachrichtensendung den Blick schärfen will für das, was die Welt bewegt, will das Wort zum Sonntag den Blick schärfen für den, der die Welt bewegt“, erklärte er. „Es will unsere Wahrnehmung für Gott schulen.“ Dabei würden nicht nur religiöse Menschen erreicht, sondern auch kirchenferne oder skeptische Zuschauer. Es gehe nicht darum, zu missionieren, sondern geistliche Impulse zu geben, erklärte Zollitsch.
Der NDR-Moderator Jörg Thadeusz betonte, das Wort zum Sonntag sei kein Zeitfenster für das Vorlesen biblischer Kalendersprüche, sondern ein glaubwürdiges Format mit authentischen Sprechern. Johanna Haberer, evangelische Theologin und Professorin an der Universität Erlangen-Nürnberg, sprach von einer „5-Minuten-Terrine der Ruhe“ mit „Kultcharakter“. Dass sich die Sendung zu einer erfolgreichen Institution entwickelt habe, zeigen auch die Einschaltquoten. 2013 sahen im Schnitt knapp 1,5 Millionen Menschen das Wort am Sonntag. Das entspricht einem Marktanteil von 7,1 Prozent. Spitzenreiter im vergangenen Jahr war die Sendung während des Eurovision Song Contests am 18. Mai mit mehr als 4,3 Millionen Zuschauern.
Neues Design und neues Format für junges Publikum
Zum Geburtstag gibt es von der ARD ein neues Design mit einem überarbeiteten Logo und neuem Vorspann. Statt schlichtem Blau gibt es zudem ab sofort einen farblich wechselnden, themenbezogenen Hintergrund. Damit setzt der Sender auf mehr Emotionalität und Abwechslung. Volker Herres, Programmdirektor der ARD, erklärt, dass eine „äußere Verjüngungskur“ notwendig geworden sei. Auch der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor hält eine Anpassung der Sendung für angebracht, da sich die Rolle der Kirche und ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft ändere.
Dass das Wort zum Sonntag kein veraltetes Format sei, möchte das Erste auch mit dem multimedialen Projekt „Freisprecher“ demonstrieren und verstärkt junges Publikum ansprechen. Ab dem 2. Februar um 22:12 Uhr strahlt der Spartensender EinsPlus regelmäßig einen dreiminütigen Clip aus. Darin werden ethische Fragen thematisiert, die im Alltag junger Zuschauer eine Rolle spielen. Es geht um die Suche nach Werten und Orientierung. „Bin ich echt?“, fragt Schauspielerin Friederike Kempter im ersten Filmbeitrag auf frei-sprecher.de. Junge Menschen sprechen in der Umfrage „Mitten im Leben“ über Treue und Beziehungen. Im Anschluss an jede Sendung können Zuschauer im Internet mit Theologen diskutieren. Wie das klassische Wort zum Sonntag wird auch das neue Format von katholischer und evangelischer Kirche theologisch verantwortet.
Eine weitere Aktion zum Jubiläum ist ein Online-Videowettbewerb, der am 20. Januar startete. Bei „Dein Wort zum Sonntag“ können Einzelne oder Gruppen bis 31. Mai ihren eigenen Beitrag einreichen. Eine Jury wählt die besten 20 Videos aus, die letzte Entscheidung trifft das Publikum. (pro)
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