Lange hat eine Predigt nicht mehr so viel Aufsehen erzeugt wie die von Bischöfin Mariann Edgar Budde anlässlich der Amtseinführung Donald Trumps, der nun 47. Präsident der Vereinigten Staaten ist.
Donald Trump hingegen fand sie nach eigenen Worten „langweilig“. Er fand sie so langweilig, dass er extra einen zornigen Eintrag auf seiner eigenen Plattform „Truth Social“ hinterließ (hier lesen Sie mehr dazu).
Über die Bischöfin schrieb er: „Sie ist nicht sehr gut in ihrem Job! Sie und ihre Kirche schulden der Öffentlichkeit eine Entschuldigung!“ Sie habe in „bösem Ton“ gesprochen und habe ihre Kirche auf „unhöfliche Weise“ in die Welt der Politik gebracht, die „gigantische Welle an Verbrechen durch illegale Migranten“ habe sie unerwähnt gelassen.
Eine fiese Predigerin, die ihren Zorn ohne Respekt dem Präsidenten entgegen brüllt? Wer die entscheidende Stelle in Buddes Predigt hört, dürfte stutzen. Als ob sie gerade ein Seminar für gewaltfreie Kommunikation besucht habe, wirbt sie da nämlich mit ruhiger Stimme für etwas, das für jeden Präsidenten – und Christen ohnehin – selbstverständlich sein sollte: Barmherzigkeit.
Sie bittet Trump darum, gnädig mit denen umzugehen, die nun Angst hätten. Sie zählt dazu auch die LGBT-Gemeinschaft, aber auch die illegalen Einwanderer, die jeden Tag ihrer Arbeit nachgingen und das Land am Laufen hielten: „Sie zahlen Steuern und sind gute Nachbarn. Sie sind treue Mitglieder unserer Kirchen, Moscheen, Synagogen, Gurdwara (Gebetsstätte der Sikhs, d. Red.) und Tempel.“
Es wird wohl nicht dabei bleiben
Natürlich spricht hier eine Geistliche aus dem liberal-protestantischen Lager. Natürlich haben die USA ein ernstes Problem mit illegalen Migranten. Natürlich tobt in den USA ein Kulturkampf, und an diesem sind linke Aktivisten und Politiker kaum minder schuld als die MAGA-Truppe, die ihren Anführer Donald Trump geradezu abgöttisch verehrt.
Vom mächtigsten Mann der Welt darf man aber auch erwarten, dass er nicht bei der ersten Person, die ihm eine andere Meinung ins Gesicht sagt (und das sehr wertschätzend), reagiert wie ein trotziges Kind. „Präsidial“ ist etwas anderes. Aber man ahnt: Wir werden in den kommenden vier Jahren wohl häufiger solche Possen erleben.
Ich denke gerade darüber nach, wie ich diesen Text in PROkompakt beenden soll. Ich glaube, ich lasse einfach Frau Budde sprechen:
„Möge Gott uns die Kraft und den Mut geben, die Würde jedes Menschen zu achten, einander in Liebe die Wahrheit zu sagen und demütig miteinander und mit unserem Gott zu wandeln, zum Wohle aller Menschen, zum Wohle aller Menschen in diesem Land und der Welt.“