Die Geschichte des Films „Hacksaw Ridge“ ist eigentlich mit wenigen Worten erzählt: Desmond Doss, der von 1919 bis 2006 lebte, war kein so ganz helles Köpfchen, wollte aber unbedingt Sanitäter bei der US-Armee werden. Leider wusste er nicht und wollte auch nie einsehen, dass ein Armee-Sanitäter eine Sanitäter-Ausbildung bei der Armee machen muss. Was eigentlich ganz leicht zu verstehen ist, ist für Doss eine immens große mentale Herausforderung. Irgendwie hat es Doss außerdem mit der Bibel, denn er fasst sie sehr gerne an. Und er schlägt sie immer wieder gerne auf, denn darin liegt das Foto seiner Angebeteten, eine Krankenschwester, die ihm diese Bibel geschenkt hat.
Ob Doss jemals auch in dieser Bibel liest – es bleibt ein Geheimnis. Aber starrköpfig ist dieser Doss, das ist seine wichtigste Eigenschaft. Wenn er sich in den Kopf gesetzt hat, zur Armee zu gehen, aber keine Waffe auch nur anzufassen, auch nicht in der Grundausbildung, dann zieht er das durch. Seine Vorgesetzten, Oberste, Sergeants und so weiter verzweifeln allesamt an ihm, die Hierarchieleiter einmal ganz nach oben. Doss, der von sich immerhin weiß, dass er Siebenten-Tags-Adventist ist, sollte von Regisseur Mel Gibson als schlichtes Gemüt dargestellt werden; Schauspieler Andrew Garfield löst die Aufgabe so, dass er die ganze Zeit debil grinst. Außer nachher auf dem Schlachtfeld, da guckt er grimmig.
Eine wichtige Rolle in Doss‘ Leben scheint sein Vater zu spielen. Leider versteht der Zuschauer diese Figur nicht, die von Hugo Weaving verkörpert wird. Auf der einen Seite ist er noch einfacher gestrickt als sein Sohn und gewalttätiger Alkoholiker, andererseits immer wieder plötzlich doch ganz helle und gutmütig. Einerseits war es für ihn beim Tod seiner Soldaten-Kumpels das Schlimmste, dass deren hübsche Uniformen durch das Blut schmutzig wurden, andererseits schafft er es, durch einen Trick seinen Sohn vor einer Verurteilung vor dem Militärgericht zu retten. Dabei ist die Verurteilung eigentlich mehr als angebracht: Doss will unbedingt zur Armee, verweigert dort aber praktisch alle Befehle. Sein Vater, der selbst Soldat war, boxt ihn dennoch raus.
Brennende Menschen in Zeitlupe
Während in der ersten Hälfte des Films Doss in permanentem übernatürlich strahlendem Morgenlicht naiv-glücklich durch die Welt torkelt, seine Frau kennenlernt und zwei Tage später heiraten möchte, handelt die zweite Hälfte davon, wie Doss ebenso naiv, diesmal aber in dunklerer Beleuchtung, über das Schlachtfeld und über Hunderte Leichen stolpert. Eben noch auf der Militärakademie, wo er größtenteils die Zeit damit verbrachte, Befehle zu verweigern, ist er nach einem Schnitt plötzlich Sanitäter. Jedenfalls hat man ihm einen Helm mit einem roten Kreuz verpasst. Wie und ob Doss die Ausbildung überhaupt geschafft hat, erzählt Gibson nicht. Eventuell wollten die Militär-Obersten auf den Sturkopf als Arbeitspferd auf dem Schlachtfeld nicht verzichten, denn er kann immerhin die Verwundeten ins Lazarett schleppen.
Und so kommt es dann auch: Medizinische Hilfe leistet Doss quasi nie, er spritzt allenfalls Morphium oder bindet eine Wunde ab. Zusammenflicken müssen ihn die echten Sanitäter. Mit jeweils nur einem Blick auf ein schmutziges, zerfetztes Häufchen Fleisch, das früher ein Soldat war, weiß Doss jedes Mal mit medizinisch geschärfter Sicherheit: „Das wird wieder!“ Jedes Mal.
Wer schon einmal Filme von Mel Gibson gesehen hat, etwa „Die Passion Christi“, weiß, dass es ihm vor allem auf die ästhetisch bis zur Perfektion ausgefeilte Darstellung von schlimmster Gewalt geht. So auch in „Hacksaw Ridge“. Weil er es kaum erwarten kann, präsentiert er zu Beginn des Films schon einmal ein kleines Best-of der Gewaltorgie in Zeitlupe: auf dem Schlachtfeld herumfliegende Körperteile, brennende Menschen, die wie Zirkusakrobaten vor der Kamera Figuren fliegen.
Gibson genießt es vor allem im zweiten Teil des endlose 140 Minuten dauernden Films, alle nur denkbaren Verletzungen und Zerfetzungen der Reihe nach mit dem Zuschauer durchzuexerzieren. Die Feinde, die Japaner, werden zu ehrlosen Monstern degradiert, die es auszuräuchern gilt.
Mittendrin: Desmond Doss, der selbst wohl nicht weiß, wie er in den Kampf um Okinawa geraten ist. Zwischendurch bittet er Gott immer mal wieder, dass es gerne so weitergehen möge, bevor er wieder auf die Japaner zuläuft und wie durch ein Wunder nicht erschossen wird, während um ihn herum alles zerschossen wird, was sich bewegt. Das Spektakel kommt bei den Kritikern bisher ganz gut an: der Streifen wurde mehrfach für den Oscar und drei Mal für den Golden Globe nominiert. Spiegel Online hebt in seiner Kritik hervor, dass hier einer Kriegsheld werden konnte, ohne zu töten, und dass Doss als Gewissensverweigerer mit der Medal of Honor ausgezeichnet wurde. „Hacksaw Ridge“ sei „ultra-fromm in seiner Botschaft und erbarmungslos brutal in seinen Bildern“.
Das Magazin Focus weist auf den religiösen Hintergrund des amerikanisch-australischen Regisseurs hin und betont: „Desmond handelt aus religiösen Gründen so, sein Glaube verbietet Gewalt.“ Leider ist vom Glauben der Hauptperson nicht viel zu spüren. Seine Bibel umklammert er mehr als Erinnerungsstück an seine Verlobte, und seine Gewaltlosigkeit basiert eher auf schlechten Erfahrungen mit seinem schlagenden Vater als auf irgendeiner Bibelstelle.
Am Ende des Films zeigt Gibson Original-Aufnahmen des echten Desmond Doss, und es wird die Zahl der Soldaten eingeblendet, die dieser wohl gerettet hat: 75. „Hacksaw Ridge“ – die Geschichte eines Armee-Sanitäters, der trotz unglaublicher Sturheit, aber mit einer Bibel in der Hand immerhin seinen Job erledigte und in einer Schlacht des Zweiten Weltkrieges einige Dutzend Menschen vom Schlachtfeld ins Lazarett verfrachtete. (pro)
„Hacksaw Ridge“, 140 Minuten, Regie: Mel Gibson, freigegeben ab 16 Jahren, Start: 26. Januar 2017
Von: js
Eine Antwort
Die mit Abstand schlechteste Filmkritik, die ich jemals gelesen ahbe. Völlig überspitzt und meines erachtens nicht das aussagend, was Mel Gibson mit vielen Situationen ausdrücken möchte. Der Glaube und das völlige Vertrauen auf Gott werden hier in diesem Film stark deutlich. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben, dieser Film hat eine Kriegshandlung und da kuscheln beide Fronten nicht miteinander, sondern Krieg ist grausam. Dies wird in diesem Film sehr gut dargestellt und der Mut und das Gottvertrauen werden hier sehr deutlichn dargestellt, indem der Soldat sich dennoch aufs Schlachtfeld traut, um Leben zu retten.