Diakonie-Chef Lilie wirbt für offeneren Umgang mit Sterbewünschen

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland, lässt eine Orientierungshilfe zum assistierten Suizid erstellen. An der eigentlichen Handlung will sich die Diakonie jedoch nicht beteiligen.
Ulrich Lilie ist Präsident der Diakonie Deutschland und Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, plädiert für einen offenen und enttabuisierten Umgang mit Sterbewünschen von Menschen am Ende ihres Lebens. „Ich sehe es als Aufgabe, das Thema Wunsch nach dem Tod zu enttabuisieren und die Menschen, die in unseren Einrichtungen arbeiten, so zu qualifizieren, um damit angemessen umzugehen“, sagte Lilie. Die Diakonie wolle sich nicht an der Handlung eines assistierten Suizids beteiligen, aber Menschen mit einem dauerhaften Sterbewunsch seelsorgerisch, pflegerisch und mit der Haltung „Wir lassen dich nicht alleine“ begleiten.

Aktuell bereite die Diakonie nicht nur eine Orientierungshilfe zum assistierten Suizid vor, sondern erarbeite zudem einen öffentlichen Vorschlag für eine gesetzlich und finanziell abgesicherte Suizidprävention in Deutschland, sagte Lilie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dies müsse nach Auffassung der Diakonie den Rahmen für alle weiteren Überlegungen bilden. „Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Kultur vorrangig eine Sorge- und eine Präventionskultur bleibt. Um dann in gesonderten, begrenzten Fällen Ausnahmen ermöglichen zu können“, betonte er.

Diakonie hofft auf Stärkung der Suizidprävention

Es genüge nicht, nur Forderungen an die Politik zu stellen, sondern es bedürfe auch einer Selbstverpflichtung, in die Personalausstattung, den Kompetenzgewinn und in die Qualifizierung von Mitarbeitenden-Teams in der Sterbebegleitung zu investieren. Gleichzeitig unterstrich Lilie, dass die Gesellschaft erheblich mehr tun müsse, um Menschen mit Suizidwünschen auf den Weg zurück ins Leben zu holen. Die Diakonie setze sich daher für eine deutliche Stärkung der Suizidprävention sowie der palliativen Versorgung ein.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das erst 2015 verabschiedete Verbot der organisierten, sogenannten geschäftsmäßigen Suizidassistenz gekippt, mit dem die Aktivitäten von Sterbehilfevereinen unterbunden werden sollten. Das Gericht sah das Grundrecht auf Selbstbestimmung verletzt. Bei der Suizidassistenz werden einem Sterbewilligen etwa todbringende Medikamente überlassen, aber nicht verabreicht. Dies wäre eine Tötung auf Verlangen, die in Deutschland strafbar ist.

Trotz der Bemühungen einzelner Bundestagsabgeordneter war es in der vergangenen Wahlperiode nicht mehr zu einer Neuregelung der Suizidassistenz gekommen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war in der evangelischen Kirche eine Diskussion über die Suizidassistenz entbrannt. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie stellte das bisherige klare Nein zu dieser Form der Sterbehilfe infrage.

Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschuss spricht sich für Suizidassistenz in extremen Ausnahmefällen aus. „Als Ultima Ratio halte ich solchen Beistand für möglich, als verzweifelten Akt der Fürsorge und Liebe“, hatte die 58-jährige Theologin Ende Januar gegenüber der „Rheinischen Post“ erklärt. Kurschus’ Vorgänger im Amt, der der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, hatte an der Ablehnung von Suizidassistenz in kirchlichen Einrichtungen festgehalten und in dem Gebot „Du sollst nicht töten“ einen klaren Auftrag gesehen, sich für den Schutz des Lebens einzusetzen.

epd
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