Heute präsentiere mancher den Reformator Martin Luther als „Vordenker des Holocaust und Ahnherrn eines religiös motivierten Terrorismus“, schreibt der Katholik Di Fabio. Der Professor für öffentliches Recht ist seit Februar Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Kuratoriums zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums 2017. Er warnt in der FAZ vor einem allzu negativen Blick auf die Reformation: „Jedes Land für sich und der Westen als Kompass für die Welt ist gerade deswegen auf große Erzählungen seiner Herkunft und die Sichtbarmachung seiner Leitideen angewiesen, um nicht vor lauter indifferenter Offenheit und ökonomischem Pragmatismus die eigene Identität zu verlieren.“
Die Erinnerung an die Reformation sei eine „große Chance“. „Das Beharren auf Glaubensgewissheit und Gewissensfreiheit ist ein zentraler Ausgangspunkt der großen Idee personaler Freiheit und Rechtsgleichheit.“ So habe Luther als Einzelner Papst und Kaiser mit der Behauptung herausgefordert, den rechten Glauben allein mit Hilfe der Bibel und seines Gewissens erkannt zu haben. „Damit wurde der Geist personaler Freiheit und Verantwortung theologisch und politisch wirksam und wurde zum mächtigen Hebel, der die Verhältnisse in Richtung Neuzeit aufbrach“, stellt Di Fabio fest.