Zu jeweils rund 36.000 Euro Strafe sind der 29-jährige Fotograf Jens Koch und sein 45-jähriger Kollege, der Redakteur Marcus Hellwig, verurteilt worden. Das berichtet die "Bild am Sonntag". Seit Samstag sind sie auf freiem Fuß. Am Sonntagmorgen landeten sie in Deutschland. Iranischen Presseberichten zufolge sollen sie sich "Vergehen gegen die nationale Sicherheit" schuldig gemacht haben. Ihnen hatte zunächst eine 20-jährige Haftstrafe gedroht. Wie am Sonntag bekannt wurde, willigte Außenminister Westerwelle im Tausch für die beiden Reporter ein, sich im Beisein von Fotografen mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu treffen – eine mediale Inszenierung, ist das Land doch aufgrund seines umstrittenen Atomprogramms und seiner radikalen Ablehnung des Staates Israel außenpolitisch geächtet. Der "Axel Springer Verlag" entschuldigte sich zudem offiziell für das Verhalten seiner Reporter und zahlte die Strafe.
Am 10. Oktober 2010 waren die beiden Journalisten in der iranischen Stadt Täbris verhaftet worden. Sie waren mit der Absicht in das Land gekommen, den Sohn und den Anwalt der zum Tod durch Steinigung verurteilten Sakineh Mohammadi-Aschtiani zu interviewen. Die Journalisten waren lediglich mit einem Touristenvisum und ohne offizielle Akkreditierung in den Iran eingereist. Die iranische Regierung warf den beiden Deutschen neben eines Verstoßes gegen die Visumbestimmungen zwischenzeitlich auch Spionage vor.
Axel Springer AG: "Wir danken allen"
Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der "Axel Springer AG", zeigte sich erleichtert über die Freilassung und teilte am Samstag mit: "Wir danken allen, die dazu beigetragen haben, für ihre Unterstützung und Solidarität, den Mitarbeitern der Axel Springer AG, der Redaktion von "Bild am Sonntag" sowie den Verleger- und Journalistenverbänden. Besonders danken wir dem Auswärtigen Amt und Bundesminister Guido Westerwelle, der sich mit großem persönlichem Engagement unermüdlich für die Freilassung der beiden Reporter eingesetzt hat und dessen Bemühungen schließlich erfolgreich waren." Der "Axel Springer-Verlag" und die Redaktion der "Bild am Sonntag" bedankten sich in einem Artikel auf "Bild.de" auch bei den Kirchen: "Am 4. Advent richteten mehrere Bischöfe, an der Spitze der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, einen Appell an die iranische Regierung, die beiden Reporter ausfliegen zu lassen. Danke für den geistlichen Zuspruch!"
"Reporter ohne Grenzen" erklärte jedoch, noch einige kritische Fragen an Redaktion und Verlag zu haben. "Besonders heikle Missionen wie die Entsendung von Reportern in ein Land, dessen Regime für effiziente Geheimdienste, Folter und Todesstrafe bekannt ist, sollten sehr erfahrenen Auslandsreportern, die mit der Region vertraut sind, übertragen werden", teilte die Organisation mit. Weiter heißt es: " nicht unter Druck gesetzt worden.Die Einreise mit lediglich einem Touristenvisum kann zwar bei Ländern, die Journalistenvisa verweigern, nicht generell ausgeschlossen werden, muss jedoch sorgfältig gegen das Risiko abwogen werden, entdeckt zu werden – und gegen die möglichen Folgen, auch für Gesprächspartner im Land. Dass in diesem Fall beides beachtet wurde, ist nach den bisher vorliegenden Informationen zweifelhaft." Vonseiten der "Axel Springer AG" hieß es, die Reporter seien von ihrer Redaktion
Die Bundesregierung hatte sich seit Monaten auf diplomatischen Wegen um eine Freilassung der Reporter bemüht. Wie der "Spiegel" berichtete, äußerte Außenminister Westerwelle (FDP) gegenüber iranischen Vertretern mehrfach den "dringlichen Wunsch", dass die Männer nach Deutschland zurückkehren dürften. Auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte eine "schnellstmögliche Freilassung" gefordert und den Iran davor gewarnt, internationales Ansehen durch die Inhaftierung der Journalisten zu verlieren.
Auch die Redaktion der "Bild am Sonntag" hatte seit Oktober vehement die Freilassung der Reporter gefordert. Am 2. Januar setzten sich 100 bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport auf mehreren Sonderseiten der Zeitung für die umgehende Freilassung der Inhaftierten ein. Verschiedene Verleger- und Journalistenverbände in Deutschland zeigten ihre Solidarität über eine Anzeigenkampagne: "Wahrheitssuche ist kein Verbrechen. Journalistische Neugier ist die Grundlage der Pressefreiheit" hieß es. Die Kampagne wurde unter anderem vom Deutschen Journalistenverband und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger unterstützt. (pro)