"Was macht eigentlich…", in dieser Rubrik erscheint im aktuellen "Stern" ein Interview mit Uwe Holmer. Der evangelische Pastor aus Lobetal ließ 1990 den schwer kranken Erich Honecker zehn Wochen bei sich wohnen. Und das, obwohl seine Familie selbst unter dem DDR-Regime gelitten hatte.
Vor dem Haus skandierten die Leute damals: "Jetzt hängen wir das Schwein!" Doch Holmer und seine Familie stellten die christliche Nächstenliebe über Hass und Rachegelüsten gegenüber dem einstigen SED-Chef. "Meine Frau und unsere Mitarbeiter sind zu den Leuten gegangen und haben erklärt, warum es unsere Aufgabe als Christen ist, den Honeckers zu vergeben und zu helfen", sagt er dem "Stern".
"Wie kann man einen Menschen mögen, der für Hunderte Tote an Todesstreifen und Mauer mitverantwortlich ist?", fragt ihn die Reporterin Laura Himmelreich. Holmer antwortet, er unterscheide zwischen dem Funktionär Honecker und dem Menschen. "Erich Honecker war nicht arrogant, er war relativ bescheiden und freundlich. Seine politische Überzeugung und seinen Fanatismus mochte ich natürlich nicht. Aber er war damals schwer krank. Und wenn ein Mensch krank ist, ist er nicht mehr mein Feind."
Christen halten zu ihm, Parteigenossen wenden sich ab
Ausgerechnet seine bisherigen Parteigenossen hätten ihn hingegen nach der friedlichen Revolution im Stich gelassen. Darüber sei Honecker bitter enttäuscht gewesen, erzählt Holmer. "Ich habe damals gelernt: Parteibruderschaft gab es nur theoretisch."
Die Zeitungen schrieben damals über Honeckers Asyl bei den Christen: "Honni lernt beten". Und tatsächlich sei den Honeckers das Beten in dieser Zeit etwas näher gekommen. Mit Margot Honecker stehe er immer noch in Briefkontakt. Er erhalte jedes Jahr eine Weihnachtskarte, "wir antworten im Laufe des Jahres".
Holmer wurde am 6. Februar 1929 in Wismar geboren. Als die Eltern 1953 in den Westen zogen, blieb er in der DDR, um den Einfluss der Kirche im religionsfeindlichen Staat zu verteidigen. Als Pfarrer leitete er die Hoffnungstaler Anstalten Lobetal, in denen Behinderte und Suchtkranke ein Zuhause fanden, informiert "Stern". Die Stasi bespitzelte den Pfarrer, seine Kinder durften nicht die Oberschule besuchen. Am 30. Januar 1990 nahm er den gestürzten Honecker und dessen Frau Margot bei sich auf.
Holmer ist Vater von zehn Kindern, hat 47 Enkelkinder und lebt heute in Serrahn in Mecklenburg-Vorpommern. Immer noch hält er dreimal in der Woche Andachten in einer Klinik für Alkoholkranke.
Die Biographie von Uwe Holmer ist im vergangenen Jahr erschienen: "Der Mann, bei dem Honecker wohnte" erschien bei SCM Hänssler. (pro)
Vor dem Haus skandierten die Leute damals: "Jetzt hängen wir das Schwein!" Doch Holmer und seine Familie stellten die christliche Nächstenliebe über Hass und Rachegelüsten gegenüber dem einstigen SED-Chef. "Meine Frau und unsere Mitarbeiter sind zu den Leuten gegangen und haben erklärt, warum es unsere Aufgabe als Christen ist, den Honeckers zu vergeben und zu helfen", sagt er dem "Stern".
"Wie kann man einen Menschen mögen, der für Hunderte Tote an Todesstreifen und Mauer mitverantwortlich ist?", fragt ihn die Reporterin Laura Himmelreich. Holmer antwortet, er unterscheide zwischen dem Funktionär Honecker und dem Menschen. "Erich Honecker war nicht arrogant, er war relativ bescheiden und freundlich. Seine politische Überzeugung und seinen Fanatismus mochte ich natürlich nicht. Aber er war damals schwer krank. Und wenn ein Mensch krank ist, ist er nicht mehr mein Feind."
Christen halten zu ihm, Parteigenossen wenden sich ab
Ausgerechnet seine bisherigen Parteigenossen hätten ihn hingegen nach der friedlichen Revolution im Stich gelassen. Darüber sei Honecker bitter enttäuscht gewesen, erzählt Holmer. "Ich habe damals gelernt: Parteibruderschaft gab es nur theoretisch."
Die Zeitungen schrieben damals über Honeckers Asyl bei den Christen: "Honni lernt beten". Und tatsächlich sei den Honeckers das Beten in dieser Zeit etwas näher gekommen. Mit Margot Honecker stehe er immer noch in Briefkontakt. Er erhalte jedes Jahr eine Weihnachtskarte, "wir antworten im Laufe des Jahres".
Holmer wurde am 6. Februar 1929 in Wismar geboren. Als die Eltern 1953 in den Westen zogen, blieb er in der DDR, um den Einfluss der Kirche im religionsfeindlichen Staat zu verteidigen. Als Pfarrer leitete er die Hoffnungstaler Anstalten Lobetal, in denen Behinderte und Suchtkranke ein Zuhause fanden, informiert "Stern". Die Stasi bespitzelte den Pfarrer, seine Kinder durften nicht die Oberschule besuchen. Am 30. Januar 1990 nahm er den gestürzten Honecker und dessen Frau Margot bei sich auf.
Holmer ist Vater von zehn Kindern, hat 47 Enkelkinder und lebt heute in Serrahn in Mecklenburg-Vorpommern. Immer noch hält er dreimal in der Woche Andachten in einer Klinik für Alkoholkranke.
Die Biographie von Uwe Holmer ist im vergangenen Jahr erschienen: "Der Mann, bei dem Honecker wohnte" erschien bei SCM Hänssler. (pro)