Der Parteitag der Republikaner war eine peinliche Katastrophe

Der Nominierungsparteitag von Donald Trump hat ein grauenhaftes Bild der amerikanischen Konservativen offenbart. Die politische Kultur der Republikanischen Partei, in der über Jahrzehnte christliche Wertvorstellungen dominierten, ist am Ende. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Von PRO
Finale beim Parteitag: In der Mitte Donald Trump mit Frau Melania, ganz rechts Vize-Kandidat Mike Pence
Parteitage in den USA sind grundsätzlich anders als in Deutschland. Sie finden nur alle vier Jahre statt und sind eine Show, die bis zu 100 Millionen Dollar kostet. Die Hauptredner treten abends auf, damit sie zur besten Sendezeit im Fernsehen laufen. Nachrichtensender wie CNN und Fox News schicken nicht einfach Korrespondenten, sondern ziehen für eine Woche mit ihrer kompletten Produktion an den Ort des Parteitags um. 15.000 Journalisten waren in diesem Jahr beim Parteitag der Republikaner in Cleveland akkreditiert, Tausende weitere unterstützten die Produktion vor Ort. Fast eine Woche lang hatte die Partei also die uneingeschränkte Aufmerksamkeit, um Wähler zu gewinnen. Wie nutzten die Republikaner diese Gelegenheit? Alles begann am Montag mit dem Auftritt eines bizarren Gaststars. Zugegeben, gute Redner für Trumps Parteitag zu finden, gestaltete sich schwierig. Prominente Republikaner wie die beiden Ex-Präsidenten Bush, die ehemaligen Kandidaten Mitt Romney oder John McCain sowie zahlreiche erfolgreiche Gouverneure der Partei sagten ab. Aber vielleicht hätte man für den Eröffnungstag einen besseren Stargast finden können als Antonio Sabato Jr., ehemals Unterwäschemodel und zuletzt aufgefallen durch die Teilnahme an der TV-Sendung „Promi-Frauentausch“. Vor seiner Rede gab er bei ABC mit naiver Freude Auskunft über seine Überzeugung, US-Präsident Barack Obama sei Muslim und ein Agent „der anderen Seite“. Diese These, die gemeinhin als Verschwörungstheorie gilt und kaum Wechselwähler begeistern dürfte, wisse Sabato aus seinem Herzen, wo übrigens auch Jesus wohne. TV-Zuschauer bekamen somit ein recht peinliches Klischee des konservativen Christen zu Gesicht.

Delegierte fordern Gefängnis für Clinton

Am Dienstag dann trat New Jerseys Gouverneur Chris Christie ans Rednerpult. Er zählte in seiner Rede politische Verfehlungen Hillary Clintons auf, wie etwa ihre Überforderung als Außenministerin bei der Ermordung des US-Botschafters in Libyen 2012. „Schuldig oder nicht?“, fragte er immer wieder die Menge, die lautstark skandierte: „Sperrt sie ein, sperrt sie ein.“ Zu fordern, die politische Konkurrentin wegzusperren, zeugt von einer Verrohung der politischen Kultur. So wurde aus Christies berechtigter Clinton-Kritik eine fast gruselige Szene. Zur Erinnerung: Im Wahlkampf 2008 verteidigte der republikanische Kandidat John McCain seinen Konkurrenten Barack Obama gegen den Vorwurf, dieser sei ein Araber, und nannte ihn einen „guten Mann“. Dieser Ton ist derzeit in der Partei nicht gefragt. Ebenfalls am Dienstag stellte der engagierte Christ und pensionierte Neurochirurg Ben Carson indirekt eine Verbindung zwischen Hillary Clinton und Satan her – das Presseecho war verheerend. Am Mittwoch hatte Ted Cruz seinen großen Auftritt. Der Senator und Sohn eines Baptisten-Pastors war bei den Vorwahlen Hoffnungsträger vieler Evangelikaler, die Trump nicht über den Weg trauten. Er hielt eine großartige Rede über konservative Prinzipien, brachte es aber nicht über sich, eine Wahlempfehlung für Trump auszusprechen. Der Milliardär hatte sich im Wahlkampf über das Aussehen von Cruz’ Frau lustig gemacht und behauptet, Cruz’ Vater sei an der Ermordung von John F. Kennedy beteiligt gewesen. „Wählt nach eurem Gewissen“, rief Cruz den Delegierten zu, was zu Buh-Rufen und Rangeleien führte. Natürlich ist es ein Stilbruch, nicht direkt zur Wahl des Spitzenkandidaten aufzurufen. Er ist aber nach Trumps Verhalten nachvollziehbar und die Aufforderung, nach bestem Gewissen zu wählen, hätten die Delegierten auch freundlich als indirekte Empfehlung für die Republikaner verstehen können.

Trump mit zorniger, unversöhnlicher Rede

Zum großen Finale am Donnerstag hielt Trump die bislang längste Rede auf einem Nominierungsparteitag, mit 75 Minuten war sie so lang wie die Reden von Mitt Romney und Barack Obama 2012 zusammengenommen. Mit teils bedrohlicher Stimme, hoher Lautstärke und erhobenem Zeigefinger zeichnete er ein Bild der USA als Gescheiterten Staat, den nur er vor dem völligen Niedergang retten könne. Keine Selbstironie wie bei George W. Bush, keine ausgestreckte Hand für Immigranten und Latinos wie bei Mitt Romney, nur blanke Wut. Das Publikum klatschte begeistert bei isolationistischen und protektionistischen Sprüchen – ganz entgegen republikanischer Tradition. Trumps einzige Andeutung der Demut kam, als er über die Evangelikalen sprach. „Ich danke den Evangelikalen für ihre große Unterstützung, bin gar nicht sicher, ob ich das komplett verdient habe“, schmunzelte er. Christen seien eine so große Gruppe in den USA, es sei unfair, dass ihre Stimme so leise vernommen und an den Rand gedrängt werde. Sollte er Präsident werden, so würde er dafür sorgen, dass Christen nicht durch Political Correctness in ihrer Redefreiheit beschnitten würden. Die viertägige Veranstaltung beinhaltete noch weit mehr Peinlichkeiten. Trumps Frau Melania plagiierte bei ihrer Rede in mehreren Sätzen die Rede von Michelle Obama 2008 – ein PR-Desaster, das die ersten beiden Tage der Convention überschattete. Fälle wie dieser lassen Zweifel an der Professionalität von Trumps Mitarbeitern aufkommen. Ein beunruhigender Gedanke, hofft man doch, dass sich ein möglicher Präsident Trump wenigstens mit guten Ratgebern umgibt.

Sind die Republikaner noch christlich?

Wegen ihrer konservativen Familien- und Gesellschaftspolitik, aber auch wegen ihrer Lesart von Freiheit und dem American Way of Life, galten die Republikaner über Jahrzehnte als erste Anlaufstelle für christliche Wähler in den USA. Spitzenpolitiker, die sich nicht nur zur Kirche bekannten, sondern von ihrem Glauben spürbar überzeugt waren, trugen ihr Übriges dazu bei. Von dieser Historie ist derzeit in der Partei von Abraham Lincoln, Ronald Reagan und dem bewusst nicht beim Parteitag erschienenen George W. Bush nichts zu spüren. 125.000 Luftballons regneten beim großen Finale auf die Delegierten herab. Doch zu feiern gab es nichts bei der Veranstaltung, die manche Kommentatoren mit einer Beerdigung verglichen – eine Beerdigung der Republikanischen Partei. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/diese-evangelikalen-sind-nun-trumps-religions-berater-96557/
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