Der Journalist und seine Nische

Sollen Journalisten Experten auf einem Gebiet oder in allen Themenfeldern zu Hause sein? Diese Frage stand im Zentrum der Nachwuchsjournalisten-Tagung am vergangenen Wochenende in Berlin, die die Christliche Medienakademie organisiert hat.
Von PRO

Der Publizist Sebastian Pranz, der mit drei Freunden das Gesellschaftsmagazin FROH! erstellt, beleuchtete die Frage unter dem Aspekt des Self-Publishing. Eigenständige Herausgabe von Texten und Geschichten würden in Zukunft üblicher werden. Journalisten seien zunehmend gefragt, sich als Marke zu präsentieren, sagte er vor 16 Nachwuchs-Journalisten. „Es geht nicht um die Geschichten, die der Journalist schreibt, sondern um die Geschichte hinter der Person.“

Kleine Nische für Self-Publisher

Als eigenständige Herausgeber sei das Fähigkeits-Profil der Journalisten umfangreich, da sie etwa auch bei der Aufmachung eines Magazins mitwirkten. Thematisch blieben sie jedoch eingeschränkt. „Der Self-Publisher ist ein Alles-Könner, aber er bewegt sich in einer immer kleiner werdenden Nische.“ Dies sei jedoch eine Chance für neue, kreative Magazine. Der Markt für Print-Medien sei zwar rückläufig, aber dadurch entstünden „neue Nischen, die mit Papier gefüllt werden“.

Hinzu komme außerdem die Verwaltung und Finanzierung, die der Journalist übernehme. Ohne einen Verleger als Stütze werde die spendenbasierte Herausgabe, das sogenannte Crowd-Funding, wichtiger. „Der Leser bleibt nicht nur Leser, sondern wird Financier“, sagte Pranz. Dabei entscheide der Leser oft auch über die Inhalte und die Aufmachung des Magazins. „Die Crowd formt sich das Produkt, das sie lesen möchte.“ Für den Herausgeber oder Journalisten bedeute dies auch, Kontrolle bei der Gestaltung abzugeben und viel Zeit in den „Kundenkontakt“ zu investieren.

Über den Tellerrand hinaus

Anna Ntemiris, Journalistin bei der Oberhessischen Presse in Marburg, betonte, als Journalist nicht auf bestimmte Themenfelder festgelegt zu sein. Sie selbst befasse sich seit kurzem mit Wirtschaftsthemen, nachdem sie zuvor über Politik und soziale Aspekte geschrieben habe. Ein grundsätzliches Interesse für Wirtschaftsthemen habe sie aber bereits mitgebracht. Als Journalist ist man außerdem nicht nur auf einen Beruf festgelegt, zeigte der Vortrag von Marie Wildermann vom Journalistenbüro Medienformate. Aus ihrer Tätigkeit als Journalistin hätten sich auch PR-Aufträge für Institutionen ergeben, über die sie als Journalistin Bericht erstattete.

Neue Arbeitsfelder gebe es auch für die Öffentlichkeitsarbeit, betonte Sabine Metzger, Pressereferentin der Uniklinik Hamburg-Eppendorf. Öffentlichkeitsarbeit verlagere sich zunehmend in Social Media. Diesen „Paradigmenwechsel“ hätten viele Unternehmen noch nicht erkannt. In Zukunft böten sich in diesem Bereich viele Berufsmöglichkeiten.

„Es ist schön, alles machen zu dürfen“

Anna Lutz, Redakteurin beim Christlichen Medienverbund KEP, meinte, gerade bei kleineren Verlagen müsse ein Journalist neben dem Schreiben etwa auch fotografieren oder filmen können. Das hohe Anforderungsprofil bewertete sie jedoch positiv. Alles sei erlernbar und habe einen entscheidenden Vorteil: „Es ist schön, alles machen zu dürfen.“

Tim Niedernolte, Moderator beim Kinderkanal, sagte, als Journalist bei einer großen Zeitung sei es nicht zwingend erforderlich, „Alles-Könner“ zu sein. Doch werde die Verschmelzung der Online- und Printmedien dies zukünftig erforderlich machen. Für den „Weg in die Medien“ gebe es keinen Königsweg. Wichtig sei es, sich zu vernetzten und in Praktika Erfahrung zu sammeln. „Man muss sich Selbstvertrauen erarbeiten und vertrauen, dass etwas passiert.“

Die Christliche Medienakademie ist ein Arbeitsbereich des Christlichen Medienverbundes KEP. Ziel ist es, christlichen Nachwuchsjournalisten den Weg in die Medien zu erleichtern. Dazu bietet die Akademie verschiedene Seminare in den Bereichen Medien, Kommunikation und Journalismus an. Der zweite Aspekt der Arbeit ist der Aufbau eines Netzwerkes, das es Nachwuchsjournalisten erleichtert, berufliche Kontakte zu knüpfen. (pro)

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