„Wer seine Sünden bekennt, sie bereut und ihnen abschwört, dem soll vergeben werden“, sagt Löbbert. Dabei vergleicht er öffentliche Debatten über Fehlverhalten in der Vergangenheit mit den aktuellen. „Der Unterschied ist nur: Heute vergibt nicht mehr nur einer, nämlich Gott, sondern alle, also Deutschland.“ Und das geschehe meist per Meinungsumfrage, die mal mehr oder weniger repräsentativ ist.
Ein aktuelles Beispiel sei der „bekennende Steuerhinterzieher“ Uli Hoeneß. In der Zeit gestand der Fußball-Präsident vor geraumer Zeit: „Ich bin schuld“. Daraufhin gaben zwei Drittel der Bild-Leser an, Hoeneß die Versündigung gegen die Steuergesetze zu vergeben – eine beträchtliche Anzahl. Es gebe jedoch auch Gegenbeispiele wie den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff oder den ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, die ihre Schuld verschwiegen, und denen die Gesellschaft nicht vergebe.
Christentum lehrt Nächstenliebe
Laut Löbbert könne der Fall Hoeneß ihnen Orientierung schenken: „Sie könnten lernen, sich frei zu machen: frei von der Angst, Schwäche zu zeigen.“ Das Christentum lehre, dem Schwachen nicht nur zu helfen, sondern ihn gar zu lieben. „Das ist selbst aus dem Deutschen noch nicht völlig heraussäkularisiert.“
Die damalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann etwa habe sich 2010 in den Medien zu ihrem, wie sie selbst sagte, „schlimmen Fehler“ bekannt, nachdem sie mit 1,54 Promille am Steuer in eine Polizeikontrolle geraten war. Dadurch habe sie, wie Löbbert sagt, den „Status als protestantische Lebensheilige in Kombination mit einem dauerreservierten Spitzenplatz auf der Sachbuch-Bestsellerliste“ erhalten.
Jedoch schütze die „mediale Absolution“ nicht vor rechtlicher Strafe. Auch Käßmann habe ihren Führerschein abgeben und 8.000 Euro Strafe zahlen müssen. Daher hält Löbbert fest: „Von Käßman lernen heißt sündigen und siegen lernen.“ (pro)