Das Biopic „Reagan“ sollte eigentlich schon vor vielen Jahren in die Kinos kommen. Erst verspätete sich der Drehstart, dann sorgte die Corona-Pandemie für ein mehrmaliges Verschieben. Schließlich kam der Film im August 2024 in die amerikanischen Kinos. Nun ist er auf amerikanischen Streaming-Plattformen zu sehen sowie auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
An den Kinokassen spielte „Reagan“ rasch über 30 Millionen Dollar ein – bei einem Budget von 25 Millionen Dollar. So neugierig das Publikum auch war, bei den Filmkritiken fiel das Biopic über den republikanischen Präsidenten größtenteils durch. Reagan, der bekannt war für seinen Glauben, wird verkörpert von Dennis Quaid, der sich in den vergangenen Jahren ebenfalls häufig zu seinem christlichen Glauben bekannt und dementsprechend seine Projekte ausgewählt hat.
Reagan sei „einer seiner Helden“ gewesen, sagte er. Regisseur Sean McNamara arbeitete bereits beim christlichen Film „Soul Surfer“ (2011) mit Quaid zusammen – die Lebensgeschichte der gläubigen Surferin Bethany Hamilton, die bei einer Hai-Attacke einen Arm verlor – sowie 2023 bei „On a Wing and a Prayer“ über einen Flugschüler, der in seinem abstürzenden Flugzeug eine Gebetserhörung erlebt.
Kommunisten überall
Erzählt wird das Leben Reagans aus der Perspektive von Viktor Petrovich, der Reagan über Jahrzehnte angeblich beobachtet hatte. In Wahrheit hat es diesen KGB-Mann, gespielt von Jon Voight, nie gegeben. Die Figur sei jedoch zusammengesetzt aus mehreren Agenten des Kreml, sagte der Drehbuchautor. Ein ebenfalls fiktiver russischer Politiker namens Andrei Novikov sucht den alten KGB-Mitarbeiter zu Hause auf und will von ihm wissen, warum die Sowjetunion 1991 eigentlich zusammenbrach.
Und Petrovich erzählt. In zahllosen Rückblicken wird deutlich: Immer schon hatte Petrovich vor diesem einen jungen Schauspieler, Ronald Reagan, gewarnt, denn was den Kommunismus angeht, sei er eine große Gefahr, aber keiner wollte auf ihn hören. „Wir hatten nur ein Ziel“, erklärt Petrovich weiter. „Den Kommunismus in jede Ecke dieser Welt bringen.“
Die USA sollten dabei infiltriert werden von Kommunisten. „Sogar in der Filmindustrie!“ Und ja, die USA führten teilweise tatsächlich geradezu Hetzjagden auf vermeintliche Kommunisten. Auch und vor allem in Hollywood. Da ist nun aber dieser Präsident der Schauspieler-Gilde SAG, der selbst niemanden so sehr bekämpfen möchte wie die Kommunisten. Sein Name: Ronald Reagan.
Das Buch, das Reagan zum Christen machte
Der junge Reagan war erst Rettungsschwimmer, er spielte Football, moderierte im Radio eine Sendung und wurde schließlich Schauspieler. Seine Karriere wollte indes nicht recht zünden, Reagan wurde indes Präsident der Schauspielergilde. Es sei „Gottes Geschenk“ und Aufgabe, die Welt so ein bisschen besser zu machen.
Es ist im Film vor allem Reagans Mutter, die ihrem Sohn den christlichen Glauben näherbringt. Sie brachte ihn dazu, in der Kirche Bibel-Verse vorzulesen. Sein Auftreten auf der Kanzel kam immer gut an, das Auswendiglernen der Bibelverse fiel ihm leicht. „Sind wir Gottes Volk?“, fragt der junge Ronald seine Mutter, und die antwortet: „Jeder kann zum Volk Gottes, wenn er sich dafür entscheidet.“
Ronalds Vater war Trinker. Seine Mutter schenkte ihm einen Groschenroman, in dem es um einen Jungen namens Dick geht, der aus einem zerrütteten Elternhaus stammt, und dessen Vater auch ein Trinker ist. Doch Dick wird aufgrund seiner Fähigkeiten als Redner und seines Optimismus‘ zu einem verehrten Mitglied der religiösen Gemeinschaft. Am Ende des Buches wird Dick Politiker in Washington D.C.
Die Geschichte, die offensichtlich gut auf Ronald Reagan selbst passt, stammt von dem Pfarrer Harold Bell Wright und ist aus dem Jahr 1902. Das Buch mit dem Titel „That Printer of Udell’s“ habe ihn dazu inspiriert, Christ zu werden, sagte Reagan später. Der junge Ronald ist so von der Idee begeistert, dass er sich taufen lässt.
„Reagan, der Kreuzritter“
Der Film „Reagan“ beginnt mit dem Attentat vom 30. März 1981, das Reagan überlebte. Im Off hören wir Reagan sagen: „Meine Mutter hat immer gesagt: Alles im Leben passiert aus einem Grund. Selbst die entmutigendsten Rückschläge. Und am Ende waren selbst die scheinbar zufälligen Vorkommnisse ein Teil des göttlichen Plans.“
Der Russe Petrovich spricht von Reagan nur von „dem Kreuzritter“. Und dessen einfache Botschaft an die Sowjets lautete: „Wir gewinnen. Ihr verliert.“ Ein Intellektueller war Reagan freilich nicht. In die Geschichte ist er eingegangen als derjenige, der gegenüber den Sowjets eiserne Willensstärke zeigte. Etwa so wie bei einem Flashback in Ronalds Kindheitstage: Ein paar Jungen hänseln ihn, und seine Mutter gibt ihm einen Rat: gib ihnen jetzt Konter, sondern kommen sie jeden Tag aufs Neue. So hat der kleine Ronald den bösen Jungs eine runter.
Dieser Erinnerungsflash kommt im Film just in dem Moment, als es um die Frage geht, wie man auf die Provokationen der Sowjets am besten antwortet. Nun ja, ob diese Politik als besonders christlich anzusehen ist oder nicht, sei dahin gestellt, irgendwie scheint die Geschichte Reagan in dieser Frage Recht zu geben.
Das breite Lächeln dieses erfolglosen B-Movie-Stars schien irgendwie alle Sorgen der Amerikaner hinwegzaubern zu können. Kabinettsmeetings beginnt der Gute-Laune-Präsident mit einem fröhlichen Witz, auf dem Tisch steht immer ein riesiges Glas Jelly Beans. Reagan gewöhnte sich mit den kleinen Bonbons angeblich sein Rauchen ab.
Vor einem Kongress evangelikaler Christen betet Reagan im Film im Blick auf die Sowjetunion für „jene, die in der totalitären Dunkelheit leben. Lasst uns beten, dass sie die Freude entdecken, wenn man Gott kennt“. Dann zitiert er den christlichen Autoren C.S. Lewis: „Das größte Übel wird heute nicht in schmutzigen Verbrecherhöhlen, nicht einmal in Konzentrationslagern, sondern es wird in sauberen, mit Teppichen ausgelegten, beheizten und gut beleuchteten Büros erdacht und angeordnet, von ruhigen Männern mit weißen Kragen.“
Im Gedächtnis geblieben ist Reagan auch als jener Präsident, der die Chuzpe hatte, die Sowjetunion öffentlich als „das Reich des Bösen“ zu bezeichnen. Sein Aufruf „Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ am 12. Juni 1987 vor dem Brandenburger Tor ist fast so ikonisch geworden wie John F. Kennedys “Ich bin ein Berliner“, mindestens aber genauso wichtig. Es lässt sich darüber streiten, ob in der Realität nun eher der Absender der Botschaft oder aber der Empfänger wichtiger war. Fest steht, dass Reagan aus deutscher Sicht wohl der richtige US-Präsident zur richtigen Zeit war. Der Film übrigens setzt direkt an diese Rede den Fall der Mauer zwei Jahre später. Als Randnotiz: Helmut Kohl ist hier auf einen stillen Statistenposten reduziert, der dem Geschehen allenfalls applaudieren kann.
Null Kritik an Reagan
Ein Vergleich mit dem kommenden neuen US-Präsidenten Donald Trump verbietet sich eigentlich. Doch natürlich kommen jedem Kinozuschauer bei den Bildern vom Reagan-Attentat die Schüsse auf Trump wenige Wochen vor der Wahl 2024 in Erinnerung, die wie bei Reagan schockierend waren, aber nicht tödlich endeten und vielleicht sogar seine Beliebtheit steigerten. Ob Trump aber derartig deutliche Worte in Richtung Russland sprechen könnte wie damals Reagan?
Hauptdarsteller Dennis Quaid drückte vor der Wahl im November jedenfalls seine Unterstützung für Trump aus. Über Reagan sagt Petrovich im Film: „Er brachte Menschen zusammen und löste Probleme.“ Inwiefern das auch auf Trump zutrifft, darüber gehen die Meinungen auseinander. Kritik am 40. Präsidenten der Vereinigten Staaten gibt es in diesem Film nicht.
Die Iran-Contra-Affäre ist hier nur eine Randnotiz; dass Reagan für eine massive Erhöhung des Verteidigungshaushalts stand, ist hier eindeutig positiv konnotiert. Ein paar flüchtige Aufnahmen von queeren Demonstranten schmälern Reagans ungeheuerlichen und tödlichen Misserfolg bei der Handhabung der AIDS-Epidemie. Davon, dass Reagan 1986 sein Veto gegen Sanktionen gegen das Apartheidsregime in Südafrika verhängte, kein Wort. Reagan ist hier vielmehr der messianische Retter, der den gottlosen Kommunismus besiegte.
Denn politisch scheint Reagan laut diesem Biopic praktisch nur ein Ziel gehabt zu haben: den Kommunismus zu besiegen. Der russische Dissident B.E. Kertchman tritt im Film in einer amerikanischen Kirche auf und sagt: „Wisst ihr, was sie uns an erster Stelle gestohlen haben? Gott.“ Die sonstige Politik Reagans erscheint eher simpel gestrickt, aber oft an der Bibel ausgerichtet. Seine Steuerpolitik etwa geht so: „Wenn der Herr sein Volk nur um 10 Prozent Steuern bittet, warum sollte Onkel Sam sein Volk um mehr bitten?“
Am Schluss muss selbst der Sowjet Petrovich zugeben: Warum ist die 1991 Sowjetunion eingestürzt? „Ich wusste, dass (Reagan) derjenige sein würde, der uns niederschmettern wird. Nicht mit Waffen und auch nicht mit Politik. Sondern mit etwas viel Größerem.“ Offenbar sind die Amerikaner bereit, ihr Leben für einander, für ihre Freiheit und für Gott zu geben.
Schließlich nimmt der junge russische Agent das Buch in russischer Übersetzung aus dem Regal, das schon Reagan zum Christen machte und nimmt es mit. Der, der wohl absichtlich ein bisschen aussieht wie der junge Reagan – und gar nicht wie Wladimir Putin -, soll vielleicht ein Hoffnungsschimmer sein: Wann tritt auch im russischen Volk jemand auf wie Reagan, der das Böse als solches bezeichnet und es bekämpft?