Der Bibellehrer im Weißen Haus

Ralph Drollinger gibt Bibelkurse im Weißen Haus. Drei Bibelstunden hält der konservative evangelikale Christ jede Woche in der amerikanischen Hauptstadt. Im Interview der Welt am Sonntag verrät er, wie das abläuft, wer dabei ist, was Donald Trump davon – und er von ihm hält.
Von Jonathan Steinert
Die Organisation „Capitol Ministries" von Ralph Drollinger gibt seit zehn Jahren in Washington D.C . Bibelkurse für Politiker. Seit März dieses Jahres auch für Regierungsmitglieder.

Drei Bibelkurse führt Ralph Drollinger jede Woche in Washington durch: einen für die Abgeordneten des Kongresses, einen für Senatoren und – seit März dieses Jahres – einen für Mitglieder der amerikanischen Regierung. Dieser Kurs soll jetzt regelmäßig direkt im Weißen Haus stattfinden. Der deutschen Zeitung Welt am Sonntag (WamS) gewährte er jetzt ein Exklusivinterview. Anfragen von amerikanischen Medien lehnte er ab. „Wir trauen amerikanischen Journalisten nicht, die denken sich einfach Dinge aus“, erklärt er den Journalisten der WamS.

Etwa zwölf Teilnehmer haben Drollingers Bibelkurse. Von der Regierung gehörten Vizepräsident Mike Pence, Justizminister Jeff Sessions, Wohnungsbauminister Ben Carson und Bildungsministerin Betsy DeVos zum harten Kern. Auch Landwirtschaftsminister Sonny Perdue, Energieminister Rick Perry und CIA-Direktor Mike Pompeo seien regelmäßig dabei, sagt Drollinger. Erst gebe es etwas Kleines zu essen, danach lege Drollinger die Bibel aus. „Ich kann dann so ungefähr eine halbe Stunde lang alleine reden, bevor ich mit den Politikern ins Gespräch komme, ihnen Fragen stelle, ihre Gegenfragen beantworte und Parallelen zu anderen Bibelstellen ziehen. Nach insgesamt einer Stunde ist es vorbei“, beschreibt er die Treffen in der WamS. Auch kurze Gebete am Anfang und am Ende gehörten dazu. Jedoch gebe es zum Beten extra Gebetskreise.

Mike Pence, Vizepräsident der USA, gehört zu den regelmäßigen Besuchern von Drollingers Bibelkursen Foto: Mike Pence, flickr | CC BY-SA 2.0 Generic
Mike Pence, Vizepräsident der USA, gehört zu den regelmäßigen Besuchern von Drollingers Bibelkursen

Wie es in der WamS heißt, geht Drollinger in seinen Kursen die biblischen Bücher Vers für Vers durch. Im Abgeordnetenhaus spreche er bereits seit zwei Jahren über die Bergpredigt. „Also habe ich das Thema jetzt auch im Kabinett übernommen.“ Auch über das Buch der Sprüche spreche er häufig mit den Politikern. „Das hat einst König Salomo geschrieben, um seinen Sohn Rehabeam auf die Königsherrschaft vorzubereiten. Die Themen, die dort behandelt werden, sind also zentral für Gläubige, die ein öffentliches Amt innehaben“, meint Drollinger. Ein weiteres wichtiges Thema sei Bescheidenheit. „Diese Leute haben so viele Berater, sie haben ganze eigene Presseabteilungen, und die tun alle nichts Anderes, als sie gut aussehen zu lassen. Die sagen ihnen ständig, sie sollen für dies und das die Lorbeeren einheimsen, sie sollen Effekthascher sein. Jesus sagt aber genau das Gegenteil. Wie soll man das ausbalancieren?“, erklärt Dollinger im Interview.

Staat soll der Welt Moral bringen

Drollinger lege die Bibel wörtlich aus, schreibt die WamS. Er glaube daran, dass die Welt in sechs Tagen erschaffen wurde, dass Homosexualität Sünde und die Bibel unfehlbar sei. Von der historisch-kritischen Herangehensweise an die Bibel halte er nichts. Er sei außerdem der Ansicht, dass nur Männer vor anderen Männern predigen dürfen, sagt er der Zeitung. Gleichzeitig kritisiert er, dass viele Politiker wenig von den wirklichen Inhalten der Bibel wüssten. Das liege an der Verkündigung von „Kindergarten-Bibellehrern“: Diese predigten „Zuckerwatte. Süße Belanglosigkeiten, die gut zum liberalen Zeitgeist passen, Selbstbewusstsein, Motivation, Selbstverbesserung, solche Sachen. Oder eben die ‚Kraft des positiven Denkens‘.“

Die wichtigste Verantwortung des Staates ist nach Ansicht Drollingers, „einer gefallenen Welt die Moral zurückzubringen, unter Anwendung von Stärke“. Der beste Präsident sei demzufolge derjenige, „der seine Regierung am entschiedensten zum Schiedsrichter über falsche Taten macht“. Grundlage für diese Auffassung ist für den Bibellehrer das 13. Kapitel des Römerbriefes. Er sei früh davon überzeugt gewesen, dass Donald Trump in diesem Sinne der Beste für das Amt sei, sagte Drollinger.

Er erzählt im Interview auch, wie Energieminister Rick Perry über die Bibelstelle zur staatlichen Gewalt denkt und zitiert den früheren Gouverneur von Texas mit diesen Worten: „Ich verstehe das so: Wenn ich als Gouverneur die Todesstrafe vollstrecken lasse, gibt mir die Bibel das Recht dazu. Denn ich spiele die Rolle der Staatsgewalt. Aber neben dieser Rolle habe ich als Mensch die Pflicht, dem Schuldigen, den ich gerade in den Tod geschickt habe, zu vergeben.“

„Trump ist ein sensibler Mensch“

US-Präsident Donald Trump habe Drollinger selbst noch nicht getroffen. „Wir haben eine Art Brieffreundschaft. Ich schicke ihm meine Bibelmeditationen, und er schreibt mir persönliche Anmerkungen dazu.“ Auf Nachfrage der WamS-Journalisten verrät er, welcher Art Trumps Notizen sind: „‚Great Bible Study‘, so was in der Richtung. Auf meine letzte hat er draufgeschrieben: ‚I love this Bible Study, Ralph!‘“. Trump sei ein sensibler Mann, er wolle Gott gefallen, meint Drollinger. „Wenn ihm ein guter Prediger mehr über die Bibel beibringen würde, könnte das sicher sein Herz verändern“, sagt er. Er hoffe, selbst dazu Gelegenheit zu haben. „Ich meine, Trump liest meine Bibelstudien und schreibt mir Anmerkungen dazu. Das ist doch schon mal ein guter Anfang! Ich liebe diesen Kerl einfach.“

Drollinger wurde mit 18 Jahren Christ. Als begeisterter Basketballer trainierte er während seines Geographie-Studiums schwerpunktmäßig diesen Sport. Später machte er noch einen theologischen Abschluss an einer evangelikalen Einrichtung. Nach seinem Studium schlug er mehrere Angebote der Basketball-Profiliga NBA aus. Stattdessen tourte er mit der Gruppe „Athletes in Action“ um die Welt, die während der Halbzeitpausen über das Evangelium predigte. Mit 26 Jahren steig er bei den Dallas Mavericks in den Profisport ein. Jedoch spielte er wegen Knieproblemen nur ein knappes Jahr in der NBA. Er investierte danach zunächst in sportmissionarische Arbeit.

Vor 20 Jahren wechselte er die Zielgruppe und gründete mit seiner Frau die Organisation „Capitol Ministries“, um unter Politikern zu evangelisieren. Diese Organisation ist in 24 Ländern aktiv, etwa in Peru, Nigeria, Liberia oder Rumänien. Drollingers Ziel sei es, in der Hauptstadt jedes Landes der Welt Bibeltrainer einzusetzen. Auch in Berlin will er mit Politikern über die Bibel und den Glauben sprechen. „Ich glaube tatsächlich, Deutschland wird schwieriger. Ich habe gehört, dass es dort sehr säkular zugeht. Aber wir sind offen für das, was Gott uns dort tun lassen wird“, sagte der 63-Jährige der WamS.

Von: Jonathan Steinert

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