Der Beitragsstreit landet vor Gericht

Der Landtag in Sachsen-Anhalt will nicht über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags abstimmen. Damit kann diese vorerst nicht in Kraft treten. ARD, ZDF und Deutschlandradio rufen nun das Bundesverfassungsgericht an.
Von PRO
Das Parlament in Sachsen-Anhalt verweigert die Abstimmung zur Erhöhung des Rundfunkbeitrages. Nun ziehen die Sender vors Bundesverfassungsgericht.

Was die Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt als „Lösung“ im Streit um den Rundfunkbeitrag verkauft, mag das Auseinanderbrechen der Regierungskoalition in Magdeburg gerade noch einmal verhindern. Doch dass der Landtag nun gar nicht über den ersten Medienänderungsstaatsvertrag entscheiden will, ist für die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender keine Lösung.

Auch die 15 Ministerpräsidenten der anderen Länder dürften nicht amüsiert sein,schließlich hatten sich alle 16 Ministerpräsidenten im März gemeinsam auf die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent geeinigt, nur Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte sich enthalten. In einer Protokollnotiz zum Medienänderungsstaatsvertrag wurde vermerkt, seine Unterschrift solle dazu dienen, „die den 16 Länderparlamenten obliegende Entscheidung zu ermöglichen“.

Anspruch auf bedarfsgerechte Finanzierung

Nun bleibt den Sendern der Gang zum Bundesverfassungsgericht – sowohl ARD und ZDF als auch Deutschlandradio haben dies am Dienstagnachmittag angekündigt. Sie können das Gericht anrufen, weil sie nach der Rechtsprechung der Karlsruher Richter einen Anspruch auf bedarfsgerechte Finanzierung haben.

Der Rundfunkbeitrag wird normalerweise für den Zeitraum von vier Jahren berechnet von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Diese hatte im Februar ab 1. Januar 2021 eine Beitragserhöhung um 86 Cent auf dann 18,36 Euro empfohlen. Die Ministerpräsidenten folgten der Empfehlung. In einem letzten Schritt muss der Rundfunkbeitrag dann in einem Staatsvertrag von den Parlamenten beschlossen werden. Zwölf der 16 Landtage haben dem Medienänderungsstaatsvertrag bereits zugestimmt.

Gute Erfolgschancen für Sender

Der Medienrechtler Bernd Holznagel schrieb in einer Stellungnahme für den Landtag in Magdeburg, der parlamentarische Umsetzungsakt sei eher eine „staatsnotariell-legislative Beurkundung der sich aus dem KEF-Vorschlag ergebenden Beitragshöhe und keine autonome Entscheidung des Parlaments“. Holznagel räumt den Sendern bei einem Gang nach Karlsruhe gute Chancen ein, hat doch das Bundesverfassungsgericht zuletzt 2007 in Sachen Rundfunkbeitrag zugunsten der Sender entschieden. 2004 waren die Ministerpräsidenten mit ihrem Beschluss zur Erhöhung der Rundfunkgebühr um 88 Cent deutlich unter dem von der KEF errechneten Bedarf geblieben, die eine Erhöhung um 1,09 Euro vorgeschlagen hatte. Die Sender klagten dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht und bekamen Recht.

In ihrem Urteil hatten die Karlsruher Richter damals deutlich gemacht, dass die Festsetzung der Rundfunkgebühr „frei von medienpolitischen Zwecksetzungen erfolgen“ muss. Der Gesetzgeber habe eine Abweichung von der Empfehlung der KEF „nachvollziehbar zu begründen“. So müsse auch „erkennbar sein, inwiefern die vorgesehene Gebühr ihrer Höhe nach die Rundfunkzahler unangemessen belastet oder die Belastung die Bürger in nennenswerter Zahl davon abhalten wird, das Programmangebot zu nutzen“.

Eine Begründung dafür, dass die Magdeburger Landesregierung nicht über den Rundfunkbeitrag abstimmen lassen will, bietet die Staatskanzlei Sachsen-Anhalt in ihrer Mitteilung vom Dienstag nicht an. Darin ist nur zu lesen, dass „die Folgen der Corona-Pandemie für Rundfunkanstalten und Beitragszahler“ in die weiteren Überlegungen der Länder einbezogen werden sollten. Doch wenn der Landtag nicht über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags abstimmt, entzieht er sich seiner Pflicht zur Mitwirkung an dem Verfahren. Die Sender – und auch andere Bundesländer – könnten nun wegen Unterlassung sogar einen Eilantrag in Karlsruhe einreichen. Die Bundesverfassungsrichter könnten dann in einer Einstweiligen Verfügung eine Erhöhung des Beitrags zum 1. Januar anordnen.

Von: epd

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