Debatte um ARD-Reportage „Klar“

Die neue ARD-Sendung „Klar“ sorgt mit ihrer Reportage zur Asylpolitik für heftige Reaktionen. Während Kritiker „migrationsfeindliche Narrative“ beklagen, loben andere die ungewohnte Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Von Norbert Schäfer
NDR-Journalistin Julia Ruhs


Die neue ARD-Reportagesendung „Klar“ hat unter dem Titel „Migration: Was läuft falsch“ die Debatte um illegale Migration und Asylpolitik in Deutschland aus dem Blickwinkel der Kriminalität beleuchtet. Dazu hat die Journalistin Julia Ruhs unter anderem Michael Kyrath begleitet, dessen Tochter vor zwei Jahren von einem Asylbewerber in einem Zug erstochen wurde. Seitdem setzt sich Kyrath für härtere Asylpolitik ein. Das neue Reportagemagazin wird gemeinsam von NDR und BR produziert.

Die Sendung hat eine Debatte ausgelöst. Die Nichtregierungsorganisation „Neue deutsche Medienmacher“, die sich „für mehr Vielfalt im Journalismus und gegen Hass im Netz einsetzt“, hat die Sendung auf Instagram als „Tiefpunkt in der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ bezeichnet und wirft den Machern vor, „migrationsfeindliche Narrative“ zu verbreiten. Die NGO ruft dazu auf, Beschwerden beim NDR und BR einzureichen.

„Verlorene Zielgruppe“

Ruhs antwortete auf die Kritik der NGO auf der Plattform X. Die Journalistin schreibt: „Es ist unglaublich, die ‚Neuen deutschen Medienmacher‘, diese durch Steuergeld finanzierte NGO, ruft dazu auf, fleißig Mails an BR + NDR zu schreiben, damit wir Druck bekommen. Weil unser neues Format ja so migrationsfeindlich sei. Sorry, aber das hat schon ein Geschmäckle.“

Der israelisch-deutsche Psychologe und Autor Ahmad Mansour hat auf der Plattform X die ARD-Reportage in Schutz genommen und kritisierte NGOs dafür, dass sie sich mehr mit Sprachregelungen als mit der tatsächlichen Realität vor Ort beschäftigen.


Die ZDF-Journalistin Nicole Diekmann bemängelt auf der Plattform X die Art und Weise, wie Ruhs die Sendung beworben hat. Diekmann schreibt: „Wenn du für dein Format damit wirbst, wer dich alles doof findet, bist du entweder innerlich noch ein Teenie, oder dein Vertrauen in dich und dein Produkt ist nicht besonders groß.“

Moderatorin Ruhs verteidigte die Sendung auf X gegen die Vorwürfe. Sie betonte, dass die Sendung darauf abziele, „eine verlorene Zielgruppe“ für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erschließen. Sie wies die Kritik als unbegründet zurück.

Auch Böhmermann stößt sich


Der Journalist Christian Klemm vom „nd – Journalismus von Links“ bemängelt, dass die Sendung vor allem Stimmen präsentiere, die sich für eine restriktivere Asylpolitik aussprechen. Er kritisiert, dass die Darstellung von Migranten oft auf negative Stereotype reduziert werde, was Vorurteile verstärken könne.
In der Reportage, die nach eigenem Bekunden „auch die negativen Folgen des aktuellen Asylrechts zeigen“ möchte, kommen unter anderem der Migrationsforscher Ruud Koopmans und der dänische Minister für Ausländer und Integration, Kaare Dybvad, zu Wort, die sich gegen unkontrollierte Fluchtmigration aussprechen und für kontrollierte Asylverfahren plädieren.

Als „einer der wenigen Lichtblicke in der ARD-Reportage“ wertet Klemm dagegen den Auftritt der Bundessprecherin der Grünen Jugend, Jette Nietzard. Ruhs fragt die Gegnerin von Abschiebungen und härteren Asylgesetzen, was sie Angehörigen sagen würde, deren Kinder durch Migranten getötet worden sind. Nietzard antwortet: „Ich finde es dumm, auf die Frage zu antworten“ – und stellt dann als Gegenfrage: „Warum reden wir nicht über die Frauen, die zuletzt von ihren Vätern getötet wurden?“.

Auch der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann hatte in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ die ARD-Sendung „Klar“ kritisiert, ohne sie allerdings namentlich zu nennen. Böhmermann bemängelte, dass rechtspopulistische Inhalte als seriöser Journalismus verkauft würden. Moderatorin Julia Ruhs reagierte auf X mit einem ironischen Kommentar. ​


Rückendeckung bekam Ruhs zuletzt auch von der „Chefreporterin Freiheit“ Anna Schneider von der „Welt“. Auf der Plattform X bezeichnet Schneider „Grüne, Böhmermann-ÖRR und NGOs“ als „die deutsche Dreifaltigkeit der Einfalt“ und wertete die Kritik an der Sendung als Bestätigung dafür, dass Ruhs alles richtig gemacht habe. Das ARD-Reportage-Magazin habe überraschend vielfältige Meinungen gezeigt – was nach Schneiders Auffassung etwas Ungewöhnliches für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk darstelle.

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