DBK veröffentlicht Arbeitshilfe zur Situation der Christen in Vietnam

Das politische System Vietnams ist weiterhin vom alleinigen Machtanspruch der Kommunistischen Partei geprägt. Dadurch haben es Christinnen und Christen in dem asiatischen Land schwer. Dies verdeutlicht die Arbeitshilfe zur Situation im Vietnam, die die Deutsche Bischofskonferenz heute vorgestellt hat.
Von Johannes Blöcher-Weil
Kirche in Vietnam

Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) nimmt in jedem Jahr verfolgte und bedrängte Christen in einem bestimmten Land in den Fokus. Zum zweiten Mal nach 2003 ging es in der dazugehörigen Arbeitshilfe um den Vietnam. Diese soll einen Überblick über die Situation der Christen in dem südostasiatischen Küstenstaat geben.

Die Arbeitshilfe erläutert aktuelle Konfliktlinien innerhalb der Gesellschaft, analysiert die Hintergründe und lässt Mitglieder der Ortskirche zu Wort kommen. In der ehemals französischen Kolonialmacht leben etwa 98 Millionen Einwohner, davon seien sieben Prozent Katholiken und ein Prozent Protestanten.

Der Augsburger Bischof Bertram Meier, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der DBK, erläuterte, dass die Kirche in Vietnam trotz der Repressalien einen wichtigen Beitrag im Bildungs- und Gesundheitswesen leiste: „Die Kirche hat die ganzheitliche Entwicklung des Menschen im Blick“.

„Kirche stellt ihre lebendige Kraft unter Beweis“

Die Verfassung schreibe zwar Rechte wie die wie Presse- und Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und die Religions- und Glaubensfreiheit fest. Diese würden aber zugleich durch staatliche Restriktionen und Sonderbefugnisse der Behörden deutlich eingeschränkt. Zugleich gebe es ein Stadt-Land-Gefälle in der. Insbesondere in den entlegeneren Gegenden im Süden und Norden erlebte die Bevölkerung erhebliche Diskriminierung durch die ansässigen Behörden.

Oft würde kirchliches Eigentum enteignet oder Kirchen und Klöster durch den Staat zerstört oder abgerissen. Wenn sich Priester und Gläubige zivilgesellschaftlich engagierten, stünden sie oftmals unter besonderem Druck der staatlichen Aufsicht: „Religiöse Aktivitäten sind nur unter der Kontrolle des Staates erlaubt. Der Machtanspruch der Kommunistischen Partei Vietnams wird konsequent durchgesetzt“, bilanzierte Meier.

Trotz aller Repressionen stelle sich die Kirche an die Seite der Menschen – auch und gerade in der Pandemie. So betreuten Ordensfrauen und Priester freiwillig in Krankenhäusern Corona-Patienten und riskierten dabei oft selbst eine Ansteckung mit dem Virus. Zudem mobilisiert die Ortskirche ihre Gemeinden, um Bedürftige in Quarantäne mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Oder die Menschen sammelten Geld für Betroffene.

Willkürliche Verhaftungen und Gefängnisstrafen

Der Berliner Wissenschaftler Gerhard Will, Forschungsgruppe Asien der Stiftung Wissenschaft und Politik, unterstrich, dass die vietnamesische Zivilgesellschaft in einer Tradition stehe, die alle staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten dem Führungs- und Gestaltungsanspruch der Kommunistischen Partei unterwerfe. Wenn Journalisten, Blogger und Internet-Gruppierungen dies infrage stellen würden, drohten ihnen – trotz Recht auf freie Meinungsäußerung – willkürliche Verhaftungen und Gefängnisstrafen.

Deswegen müssten diese Gruppierungen ihre Handlungsspielräume verstetigen und erweitern: „Sie müssen auch dem Erwartungsdruck ihrer Anhänger gerecht werden.“ Es gebe keine unabhängige Justiz als dritte Gewalt im Staat. Das mache vieles fragil. Zudem wolle der Staat Härte zeigen und Geschlossenheit demonstrieren. Auch verfüge das politische und gesellschaftliche System Vietnams kaum über Erfahrung, um mit solchen Konflikten konstruktiv umzugehen.

Der Präsident des Internationalen Katholischen Missionswerks Missio in Aachen, Pfarrer Dirk Bingener, skizzierte unter anderem die von Missio unterstützte Projektarbeit in Vietnam. Diese solle den Menschen in den ärmsten Gebieten des Landes helfen: „Eines dieser Projekte ist ein Zentrum für die Ausbildung von Ordensleuten im nördlichen Zentralvietnam.“

Plädoyer für einen Bundesbeauftragten für Religionsfreiheit

Missio sei davon überzeugt, dass das Engagement dieser Ordensschwestern letztlich zu mehr Freiheiten sowohl für Männer als auch für Frauen führe: „Eine umfassende Bildung kann die Menschen dazu befähigen, ihre Rechte zu erkennen und mutig für sie einzutreten.“ Dort, wo die Religionsfreiheit eingeschränkt sei, gerieten auch andere Freiheiten wie die Meinungsfreiheit unter Druck: „Viele Menschen werden dann doppelt diskriminiert. Deswegen müssen wir diese Menschen in der Bedrängnis stärken. Deswegen benötigen wir auch unbedingt wieder einen Beauftragten für Religionsfreiheit.“

Die Initiative „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit“ wurde von den deutschen Bischöfen 2003 ins Leben gerufen, um für die Lage bedrohter Glaubensgeschwister zu sensibilisieren. Seitdem wird mit Publikationen, liturgischen Handreichungen und öffentlichen Veranstaltungen auf die Situation in verschiedenen Teilen der Welt aufmerksam gemacht.

In Deutschland sucht die Bischofskonferenz nach eigenen Angaben auch immer wieder das Gespräch mit Politikern und gesellschaftlichen Akteuren, um auf bedrohliche Entwicklungen hinzuweisen. Jährlicher Höhepunkt der Initiative ist der Gebetstag für verfolgte und bedrängte Christen am 26. Dezember (Stephanustag), der in allen deutschen Diözesen begangen wird. Die aktuelle Arbeitshilfe kann man als pdf-Datei auf der Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz herunterladen.

Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller (Erz-)Bistümer in Deutschland. Derzeit gehören ihr 69 Mitglieder aus den 27 deutschen (Erz-)Bistümern an. Ihr oberstes Gremium ist die Vollversammlung aller Bischöfe.

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