Die Verwendung des Buches „Evolution – Ein kritisches Lehrbuch“ in der Gießener Liebig-Schule habe in ganz Deutschland für Aufruhr gesorgt, schreibt Jutta Witte in ihrem Artikel unter der Überschrift „Biologieunterricht ohne Adam und Eva“. In dem Buch zeigen die Verfasser Reinhard Junker und Siegfried Scherer unter anderem eine Alternative zur Makroevolutionslehre auf und thematisieren die Schöpfungslehre im Kontext naturwissenschaftlicher Daten. „Wer Makroevolution kritisch hinterfragt, mag religiös motiviert sein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Einwände gegen Makroevolution naturwissenschaftlicher Art sind“, erklärte Junker gegenüber der Autorin. Die Verfasser des Buches sind Mitglieder der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“, die sich kritisch mit der Evolutionstheorie befasst.
„Kreationistisches Gedankengut“ an Schulen
Neben der Liebig-Schule erwähnt Witte in ihrem Beitrag auch die christliche Privatschule August-Hermann-Francke-Schule in Gießen. Diese habe im Unterricht „kreationistisches Gedankengut“ verbreitet. Witte schreibt dazu: „Eine Überprüfung der beiden Schulen durch das staatliche Schulamt wurde im vergangenen Herbst ohne dienstrechtliche Folgen abgeschlossen. Es gebe weder Zweifel an der Qualifikation der Lehrkräfte noch am Erreichen der Abschlüsse. Das Schulamt bezieht sich in seiner Stellungnahme unter anderem auf den Lehrplan für Biologie im 13. Schuljahr, der die Ergänzung der naturwissenschaftlichen Diskussion um religiöse und philosophische Aussagen ausdrücklich vorsieht.“
Seit im vergangenen Herbst das „umstrittene Werk“ in seiner ersten Auflage am staatlichen Liebig-Gymnasium in Gießen aufgetaucht sei, „kocht in Deutschland die Diskussion, ob Adam und Eva in den Biologieunterricht gehören, verstärkt hoch“. Nach den Worten des evangelischen Hochschulpfarrers der Gießener Universität, Wolfgang Achtner, herrsche in der mittelhessischen Stadt eine „Ausnahmesituation“. Die Autorin schreibt: „2.000 bis 3.000 Gläubige hängen nach seiner Schätzung hier dem Evangelikalismus an. Neben einer großen freikirchlichen Gemeinde ist in Gießen auch die Freie theologische Akademie ansässig, mit derzeit 150 Studierenden eine der größten evangelikalen Ausbildungsstätten in Deutschland.“
„Moderner Biologieunterricht“
Erwähnung findet auch die Debatte um die Äußerungen der hessischen Kultusministerin Karin Wolff (CDU). Der Wunsch nach einem „modernen Biologieunterricht“, den Wolff in einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ geäußert habe, sei ein zentraler Punkt in der Debatte um den Kreationismus gewesen, so „Das Parlament“. Sie plädierte für einen fächerübergreifenden Unterricht, der nicht einseitig geprägt sei. Das habe die Oppositionsfraktionen in ihrer Forderung bestärkt, die Schöpfungslehre lediglich im Religionsunterricht zu behandeln. „Auf die Idee, dass sie (die Schöpfungslehre) in den Biologieunterricht gehört, kommen nur George Bush, der iranische Religionsminister und Karin Wolff“, zitiert Witte den hessischen Grünen-Fraktionschef Tarek Al-Wazir.
Als weiterer Kritiker kommt auch der hessische SPD-Abgeordnete Thorsten Schäfer-Gümbel zu Wort. Es fehle eine „ausreichende Rechtsgrundlage“, um Privatschulen kontrollieren zu können. „Eine Änderung des Schulgesetzes halte ich für zwingend geboten“, zitierte ihn die Autorin.
Podiumsdiskussion „Die Evolution des Menschen“
Dass die Debatte insbesondere im mittelhessischen Gießen weiter geführt werden soll, zeigt eine geplante Podiumsdiskussion, die von dem Landeselternbeitrat Hessen veranstaltet wird. „Die Evolution des Menschen – Darf die Schöpfung wieder Schule machen?“ lautet das Thema der Veranstaltung am 25. September. Und weiter heißt es auf der Einladung: „Was hat die Schöpfungslehre in den naturwissenschaftlichen Fächern der hessischen Schulen zu suchen? Unter dem Deckmantel der Wissenschaft versuchen immer mehr Kreationisten in unseren Schulen ihre Doktrin zu verbreiten.“
Herausgeber der Wochenzeitung „Das Parlament“ ist der Deutsche Bundestag. Die Zeitung erscheint in einer Druckauflage von rund 64.000 Exemplaren.