„… das kann ich als Christ nicht verantworten.“

Die Union ist im Bundestag mit einem Gesetzentwurf gescheitert, der zum Ziel hatte, die Asylpolitik zu verschärfen. Gegenüber PRO erklärt ein CDU-Mann, warum er für den Entwurf gestimmt hat.
Der Volkswirt Volkmar Klein (CDU) ist stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages

Ein Gesetzentwurf der Unionsfraktion für eine Verschärfung der Asylpolitik ist am Freitag im Bundestag gescheitert. Die Regelung erhielt in zweiter Lesung keine Mehrheit. Damit ist der Entwurf abgelehnt. CDU und CSU wollten damit unter anderem einen Stopp des Kontingents für den Familiennachzug zu Flüchtlingen mit sogenanntem subsidiärem Schutz erreichen. FDP, AfD und BSW hatten Zustimmung signalisiert.

Der Entwurf war am Freitag erst nach mehrstündiger Unterbrechung der Plenarsitzung im Parlament beraten worden. Es hatte teilweise lange Sondersitzungen der Fraktionen gegeben, um über eine mögliche Verschiebung der Abstimmung zu beraten. Zunächst hatte die FDP vorgeschlagen, den Entwurf erneut in den Innenausschuss zur weiteren Beratung zu überweisen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr begründete den Vorschlag mit dem Versuch, „eine Mehrheit in der demokratischen Mitte“ zu finden und in knapp zwei Wochen erneut abzustimmen.

Abweichler bei der Union

Die Freidemokraten hatten dies aber wieder zurückgenommen, nachdem nach mehrstündigen Gesprächen während der Unterbrechung offenbar kein Kompromiss absehbar war. Die Rücküberweisung des Entwurfs wurde dann von den Fraktionen von SPD und Grünen beantragt, sie wurden aber von Union, FDP, AfD und BSW überstimmt. Damit musste es zur Abstimmung kommen.

In namentlicher Abstimmung stimmten 338 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, 350 dagegen. Es gab 5 Enthaltungen. Von insgesamt 733 Bundestagsabgeordneten gaben 693 ihre Stimme ab. Union, FDP, AfD und BSW haben gemeinsam 362 Stimmen und damit eigentlich eine Mehrheit. Hinzu kommen fraktionslose Abgeordnete, die einen Unionsantrag zur Flüchtlingspolitik am Mittwoch ebenfalls unterstützt hatten.

„Kann das als Christ nicht verantworten“

Doch aus den Reihen der Union und der FDP stimmten einige Abgeordnete gegen den Entwurf. Insgesamt zwölf Unions-Politiker enthielten sich, darunter Helge Braun, Marco Wanderwitz und Monika Grütters. Letztere begründete bereits vor der Abstimmung, dass die CDU die sozialethische Komponente ihres Handelns nie vernachlässigen darf. Aufgrund des christlichen Menschenbilds der Union dürfe es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben – das gelte auch für Einzelfragen, erklärte sie schriftlich.

Gegenüber PRO erklärte ihr Parteikollege Volkmar Klein: „Wenn wir nun noch nicht einmal das beschließen, was wir letzten September bereits für richtig gehalten haben, dann wird die Stimmung in unserem Lande weiter kippen und der Zulauf für Rechtsaußen umso größer. Das können wir nicht verantworten, das kann ich als Christ nicht verantworten“.

Und weiter erklärt er: „Sollen wir als Union nun unsere eigenen, richtigen Entwürfe ablehnen, weil sie eine falsche Mehrheit finden könnten? Gerade das würde den radikalen Kräften in unserem Land Rückenwind geben, bei Ihrer Behauptung, die demokratische Mitte würde die Probleme nicht in den Griff kriegen.“

Hitzige Debatte

Die Debatte am Freitag im Bundestag verlief hitzig. Es gab zahlreiche Zwischenfragen und Kurzinterventionen. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) musste mehrfach Disziplin anmahnen. Etliche Redner überschritten ihre Redezeit.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich kritisierte die erneute Bereitschaft der Union, für die Durchsetzung eines Vorhabens Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen. Im Falle des Gesetzentwurfs bestehe erstmals die Gefahr, dass mit Stimmen der AfD Recht und Gesetz im Bundestag geändert würden. „Kehren Sie um“, appellierte er an Merz, der Unions-Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl am 23. Februar ist.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verwies in ihrer Rede auf rechtliche Zweifel an den Plänen der Union. Die Frage sei: „Brechen wir mit europäischem Recht oder stehen wir in Krisenzeiten für unser Europa ein?“ Bundestagsvizepräsident Kubicki warf den Grünen vor, nicht das Ziel zu haben, Migration zu begrenzen.

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz wies eine Annäherung an die AfD erneut von sich. „Es gibt keine tieferen Gräben in diesem Parlament als zwischen uns und dieser Fraktion“, sagte Merz. Der CDU-Vorsitzende warf der Bundesregierung vor, die aktuelle Situation selbst verursacht zu haben. Sie sei nicht in der Lage gewesen, die vielen Probleme zu lösen, die mit ungeregelter Migration zu tun hätten. Merz appellierte an SPD und Grüne, dem Gesetzentwurf der CDU/CSU zuzustimmen. Die Menschen sorgten sich um „die Sicherheit und um die innere Ordnung unseres Landes“ und erwarteten Lösungen von den demokratischen Parteien.

Von: epd/Martin Schlorke

epd
Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen