Damit wird die Coaching-Show, deren letzte 145. Folge am 16. November ausgestrahlt wurde, eingestellt. "In meine Arbeit als Fachkraft in diesem Format wurde extrem (…) und teilweise sogar gegen pädagogische Interessen eingegriffen", zitiert "Spiegel Online" aus Saalfranks Mail. Dies sei sicher der "Entwicklung des medialen Markts" hin zu inszenierter Realität geschuldet. Eine solche Vorgehensweise komme für sie nicht mehr in Frage.
"Unübersehbar in einer Reifephase angekommen"
Aus Sicht des Senders hört sich die Argumentation ganz anders an. Weder habe man pädagogische Inhalte in den Hintergrund gedrängt, noch extrem in die Arbeit Saalfranks eingegriffen. RTL-Bereichsleiter Markus Küttner würdigte das jahrelange Engagement Saalfranks, gab aber zu bedenken, dass trotz noch immer respektabler Quoten das Projekt "unübersehbar in einer Reifephase angekommen" sei. Saalfranks Anwälte erklärten, dass sie sich zu internen Angelegenheiten nicht äußerten.
"Die Super Nanny" war seit 19. September 2004 als Erziehungsexpertin bei RTL zu sehen und damit das am längsten ausgestrahlte Coaching-Format im deutschen Fernsehen. Der Marktanteil der ersten Staffel lag laut RTL im Schnitt bei 24,1 Prozent und war bis zur letzten Staffel auf 17,2 Prozent gesunken.
Saalfrank selbst bat laut verschiedener Mediendienste um Verständnis für die Entscheidung. "In meiner TV-Arbeit sind mir Authentizität und Nachhaltigkeit wichtig und ich bin dankbar, dass wir mit ‚Die Super Nanny‘ über Jahre hinweg ein erfolgreiches, nicht gescriptetes Reality-Format etabliert haben, das mit meinen Idealen im Einklang war." Immerhin sei durch die Sendung die Akzeptanz gestiegen, sich in Erziehungsfragen Beratung zu holen.
Bußgeld und Proteste des Kinderschutzbundes
Die Sendung hatte in den vergangenen sieben Jahren immer wieder in der Kritik gestanden. 2010 musste der Sender wegen einer Folge ein Bußgeld in Höhe von 30.000 Euro zahlen. Die Begründung lautete: "Verletzung der Menschenwürde". Der Deutsche Kinderschutzbund hat RTL aufgefordert, die Reihe "Die Super Nanny" einzustellen. Ein Kind soll in der Sendung vor laufenden Kameras misshandelt worden sein.
In der Folge vom 14. September hatte eine Mutter von drei Kindern aus der Nähe von Hamburg ihren Nachwuchs mit Schlägen und Tritten traktiert. Der Vorwurf der Kinderschützer: Weder das Filmteam noch die "Super Nanny" hätten eingegriffen. RTL hatte die in einem offenen Brief formulierten Vorwürfe des Kinderschutzbundes zurückgewiesen: "Die psychischen und physischen Misshandlungen, die in dieser Sendung gezeigt werden, sind schon extrem und die Atmosphäre ist sehr belastend", sagte eine Sprecherin. "Dennoch: Täglich erfahren viele Kinder hinter geschlossenen Türen diese oder ähnliche Misshandlungen – das darf nicht verschwiegen und weiter tabuisiert werden. Es kann sich nichts verändern, wenn wir nicht hinschauen."
Der Kinderschutzbund warf Saalfrank und dem RTL-Team "strafrechtlich relevantes" Verhalten vor. Gewalt gegen Kinder diene nicht der Aufklärung, sondern stelle eine Entwürdigung dar. Kinder hätten auch vor der Kamera Rechte, die sichergestellt werden müssten. Von RTL hieß es, Saalfrank habe sofort eingegriffen, um weitere Schläge und Demütigungen zu verhindern und dann das Jugendamt eingeschaltet. (pro)