Dank Achim Kampker geht die Post ab

Wenn die Deutsche Post Pakete bringt, tut sie das oft mit seiner Erfindung. Achim Kampker hat 2009 mit anderen den „Streetscooter“ entwickelt. Der Wissenschaftler liebt nachhaltige Lösungen und blickt mit seinem Glaube getrost in die Zukunft.
Von Johannes Blöcher-Weil
Der Wissenschaftler Achim Kampker hat 2009 den StreetScooter (im Hintergrund) entwickelt

Schnellen Schrittes geht Achim Kampker über den Flur des Gebäudes der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen. Der Professor im Bereich Ingenieurwesen für E-Mobilität ist ein gefragter Wissenschaftler mit eng getaktetem Terminkalender. Trotzdem nimmt er sich Zeit für ein ausführliches Gespräch.

Dass Kampker innovativ ist, hat er nicht nur mit der Erfindung des Streetscooters bewiesen, sondern auch mit anderen Projekten. „Wir wollten zeigen, dass wir schneller und mit weniger Ressourcen ein Produkt auf die Straße bringen können“, erklärt Kampker. Außerdem ging es darum zu beweisen, dass E-Mobilität auf „der letzten Meile“ nachhaltig funktioniert. Im Rückblick ist er stolz darauf, wie gut das alles geklappt hat.

Das Elektroauto stand damals noch am Anfang seiner Entwicklung. Heute sind rund 30.000 der kleinen gelben Flitzer unterwegs, um die Kunden zu beliefern. Alle Dienstleister haben ihre Flotten mittlerweile umgestellt. „Es war eine gelungene Team-Leistung“, freut sich Kampker. Er selbst hatte sich als Wissenschaftler beurlauben lassen, um die Geschäfte der Streetscooter GmbH zu führen. Neben dem Elektroantrieb erleichtert das Auto durch seinen ergonomischen Aufbau dem Zusteller beim Ein- und Aussteigen die Arbeit.

Schöpfung nutzen, aber nicht ausnutzen

Die Basis für Kampkers wissenschaftliche Arbeit sind die Bibel und der christliche Glaube. Er ist ein Teamspieler und hat kein Problem damit, eigene Schwächen zuzugeben und sich von anderen bei seinen Vorhaben unterstützen zu lassen: „Wir können nur gemeinsam Dinge vorantreiben. Ich beobachte, dass viele Menschen etwas gestalten wollen: Das gibt mir Hoffnung für die Zukunft.“

Natürlich hätten die aktuellen Krisen Wunden und Spaltungen in der Gesellschaft hinterlassen. Er möchte aber nicht nur auf das Negative schauen, sondern bewusst seinen Einflussbereich positiv verändern und andere mit seinen Ideen anstecken. Als fünffacher Vater hat er die nächste Generation im Blick. „Zu oft beherrschen Skandale die Medien. Wir sollten positive Beispiele erzählen und anderen Mut machen.“

Zuversicht für sein Handeln gibt ihm sein Glaube, der sein Menschenbild und seine Forschungen bestimmt. Als Christ sei er verantwortlich für die Schöpfung: „Gott hat den Menschen eine Welt zur Verfügung gestellt, in der ganz viel möglich ist und in der es viel zu entdecken gibt“, freut er sich. Dieses Potenzial möchte er nutzen, ohne die Regeln der Schöpfung zu ignorieren.

Foto: Patrizia Cacciotti/PEM der RWTH Aachen
Achim Kampker (Jahrgang 1976) und sein Lehrstuhl forschen unter anderem daran, wie LKW mittels Wasserstoff und Strom emissionsfrei betrieben werden können

An der RWTH Aachen forscht der Ingenieur daran, wie man mit möglichst wenig Energie und Ressourcen kostengünstige und vollständig recycelbare Batteriezellen herstellen kann. Darüber hinaus hat er privat den Verein „Ingenieure retten die Erde“ gegründet, in dem er und etwa 100 Mitstreiter in der Region versuchen, nachhaltige Ideen weiterzuentwickeln, Angebote zu vernetzen und Start-up-Unternehmen zu begleiten. Gerade liegt der Fokus darauf, die Verschwendung im Lebensmittelkreislauf signifikant zu reduzieren. „Etwa 40 Prozent der produzierten Lebensmittel landen nicht in unseren Mägen“, erklärt er. Als Christ wolle er die Erde so „beherrschen“, dass er sie nicht zerstöre. Seine Projekte betrachtet er als seinen Beitrag dazu.

„Wenn Gott davon spricht‚ dass die Menschen die Erde beherrschen sollen, hat das nichts mit ausbeuten zu tun, sondern dass es uns zum Guten dient. Das übertrage ich auf mich und mein Verhältnis zu meiner Umwelt.“ Bei den Vorhaben setzt er auf Eigeninitiative: „Die Leute müssen dafür brennen, wenn sie etwas umsetzen wollen.“ Aufgepfropfte Ideen sind für ihn mit einem hohen Prozentsatz zum Scheitern verurteilt. Seine Maxime lautet, die Kreativität anderer zu entfalten und einen Stein ins Rollen zu bringen, der etwas Gutes bewirken kann.

Lösungen liegen auch im Weltall

Die Basis für den christlichen Glauben hatten Kampkers Eltern gelegt. Während seines Studiums in Aachen lernte er einen Priester kennen, mit dem er über einen konsequenten Glauben diskutierte. Dieser gibt ihm heute Gelassenheit bei Rückschlägen und erdet ihn bei wissenschaftlichen Erfolgen: „Ich weiß, dass ich ein Werkzeug Gottes bin. Für mich ist der Glaube ein zentraler Anker.“

Auch von der Kirche wünscht er sich, dass sie das Thema Nachhaltigkeit mutiger angeht. Beispielsweise könne sie viele Dachflächen oder Gebäude für die Solarenergie nutzen: „Es wäre gigantisch, wenn Kirchen hier Vorreiter wären und die Transformation aktiv gestalten.“ Kampker ist sich bewusst, dass es dafür einen langen Atem braucht und Projekte auch einmal scheitern können. Eine innovative Kirche birgt für ihn auch die Chance, die jüngere Generation zu erreichen und wieder in die Gesellschaft hineinzuwirken.

Kampker ist nicht der Typ, Entwicklungen anderen zu überlassen: „Christen müssen ihre Komfortzone verlassen und sich in der Gesellschaft einbringen.“ Dazu habe Jesus immer wieder gefordert: „Wir Christen sollten Aufbruch signalisieren und zeigen, dass wir einen positiven Unterschied machen.“

Streetscooter

Die Firma „Streetscooter“ hat seit ihrer Entstehung eine bewegte Geschichte. Zunächst kaufte die Deutsche Post das Unternehmen, stieß es aber schon bald wegen horrender Verluste ab. Anfang 2022 führte eine Luxemburger Konsortium die Produktion fort mit geringer Beteiligung der Post. Diese Firma ging allerdings 2023 insolvent. Daraufhin kündigte der einstige Mitgründer Günther Schuh die Übernahme der Firma an mit der Aussage, die Produktion aus Kostengründen nach Thailand zu verlagern.

Viele Forschungen zeigen ihm, dass der Schöpfer sich in der Natur vieles richtig gedacht hat und die Menschen dies nur nutzen müssen: „Wenn unsere Technologien das schaffen, wäre es genial.“ Um den Erhalt des Planeten Erde macht er sich keine Gedanken: „Gott wird uns nicht allein lassen, die Wege zu finden, mit denen uns das gelingt“, glaubt Kampker. Bei seinen Forschungen denkt er sogar das Weltall mit: „Ich glaube nicht, dass Gott das nur deshalb erschaffen hat, damit wir uns die Sterne anschauen.“ Auch hier möchte er seinen Entdeckergeist nutzen, denn das All halte gewaltige Ressourcen bereit, um Probleme zu lösen, ohne die Erde zugrunde zu richten.

Keine Angst vor KI

Die Deutschen neigten dazu, Bedenken und Hemmnisse zu benennen. Er möchte lieber Dinge ausprobieren und die gemachten Erfahrungen nutzen. Dazu bringt er ein Beispiel: Deutschland habe Unternehmen bestraft, die die CO2-Grenzwerte nicht eingehalten haben. „Die USA haben diejenigen finanziell belohnt, die es geschafft haben. Mit den richtigen Rahmenbedingungen wurde der Ehrgeiz der Menschen geweckt.“ Skeptisch ist Kampker allerdings, wenn Menschen nur noch auf die Selbstoptimierung und ihre persönliche Zufriedenheit achten. Dies führe dazu, dass sie im Miteinander auch immer schlechter Kompromisse eingehen könnten. Es lohne sich immer, den Nächsten im Blick zu behalten, aber ihm auch seinen Erfolg zu gönnen. Wenn jemand erfolgreich sei, rufe das häufig Argwohn hervor: „Wir sollten uns doch mit den Menschen freuen, die mit tollen Ideen die Gesellschaft voranbringen und sie dadurch besser machen.“

Auch die Debatte um die Künstliche Intelligenz (KI) verfolgt der Wissenschaftler zuversichtlich. Wie jede Technologie, könne sie Gutes und Schlechtes bewirken: „Sie wird unser Leben massiv verändern. Wir sollten daran mitarbeiten und die Vorzüge vorantreiben, damit eine sinnvolle Transformation der Gesellschaft gelingt.“ Und wenn Achim Kampker privat in die Zukunft blickt: Dann wünscht er sich, dass die Gesellschaft wieder zu einer echten Toleranz zurückkehrt. Aber auch da ist er zuversichtlich.

Der Artikel ist erstmals in der Ausgabe 1/2025 des Christlichen Medienmagazins PRO erschienen. Das Heft können Sie hier kostenlos bestellen.

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