Die 22 Landeskirchen nehmen in Deutschland jährlich rund 4,2 Milliarden Euro an Kirchensteuern ein, schreibt "Die Welt". Mit diesem Geld müssen sie etwa 20.000 Pfarrer finanzieren. In Zeiten zurückgehender Kirchensteuern lernen viele Gemeinden neue Wege der Frinanzierung zu gehen. Im Lutherhaus in Jena gelingt es, einen Pfarrer ohne Kirchensteuermittel zu finanzieren. Circa 200 Spender finanzieren monatlich 8.000 Euro. Das reicht, um darüber hinaus noch eine 66-Prozent-Stelle für eine Bürokraft zu bezahlen.
Den missionarischen Gemeindeaufbau forciert
"Welt"-Autor Matthias Kamann geht auf erste Anfänge der frei finanzierten Pfarrstelle vor 15 Jahren ein. Der damals neu eingestellte Theologe Andreas Möller forcierte den "missionarischen Gemeindeaufbau" und versuchte die Gemeinde auch für Jüngere und Außenstehende attraktiv zu machen. Daraus entwickelte sich eine ungeheure Eigendynamik, als dessen Ergebnis Jörg Gintrowski 2004 als zweiter Pfarrer angestellt werden konnte: "Am Anfang steht die Bereitschaft von Menschen, in der Gemeinde Verantwortung zu übernehmen", zitiert die "Welt" den aus Spenden finanzierten Theologen. In der Bereitschaft zur Verantwortung sieht er einen Schlüssel zum Erfolg. Egal ob in der Konfirmandenarbeit, beim Putzdienst oder durch Spenden.
Was sich in Jena entwickelt hat, liest sich für viele Gemeinden wie das "Paradies". Kamann berichtet von einer florierenden Kinder- und Jugendarbeit, Hauskreisen und drei Gottesdiensten pro Sonntag, die unterschiedliche Zielgruppen ansprechen sollen. "Eine Gemeinde ist so stark wie ihre Gottesdienstbesucher", zitiert er Gintrowski. Es habe sich eine Eigeninitiative entwickelt, die in den Strukturen der Landeskirchen eigentlich nicht vorgesehen ist. Konkret erlebt habe der Pfarrer diese Eigeninitiative bei seinem eigenen Umzug, bei dem ihm ganz viele Leute aus der Gemeinde halfen.
Finanzierung aus Kirchenstern müsse die Regel sein
In den Leitungsgremien wird das jetzige Kirchensteuersystem nicht infrage gestellt. Lediglich die katholische Kirche diskutiere über eine Emanzipation staatlicher Finanzierung. In den protestantischen Kirchen sei die frei finanzierte Pfarrstelle eine Ausnahme. Der Theologe Thies Gundlach vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) würdigt in dem Beitrag das hohe ehrenamtliche Engagement. Dies könne nur "einzelnen Gemeinden mit einem entsprechenden Umfeld gelingen". Die Finanzierung aus Kirchensteuern müsse "die Regel sein". Trotzdem könne das Spendenmodell dazu dienen, die Attraktivität des Berufes zu steigern. Pfarrerinnen und Pfarrer, so Gundlach in der "Welt" könnten sich "als Intendanten der Gemeinde erleben, die auf der Basis ihres akademischen Wissens die wichtigen Weichenstellungen vornehmen und je nach Begabung einzelne Arbeitsbereiche vertiefen. Dazu benötigen sie jedoch Entlastungen und Hilfen, zu denen solche Spendenmodelle ebenfalls beitragen können."
Als weiteres gutes Beispiel nennt der Beitrag das Projekt "Pfarrer aus eigener Kraft" im Berliner Stadtteil Schöneberg. Dort geht 2013 der jetzige Pfarrer Christian Hövermann in den Ruhestand. Weil der Fortbestand der Pfarrstelle nicht gesichert war, ergriff der ehemalige Schöneberger Superintendent Wolfgang Barthen die Initiative. Mit den bisher gesammelten 260.000 Euro ist zumindest eine halbe Stelle finanziert. Für eine ganze Stelle müsste die Gemeinde monatlich etwa 5000 Euro brutto aufbringen.
"Aus der Defensive kommen"
Barthen betont, dass es ihm nicht darum gehe, sich freikirchlich unabhängig von den Kirchensteuermitteln zu machen, sondern um "ein Pilotprojekt, mit dem wir aus der Defensive kommen. Wir müssen jetzt einen Grundstock der Selbsthilfe bilden. Denn wenn das Haus brennt, dann ist es zu spät." Barthen und Gundlach betrachten als Motivationsprojekt: "Es ist eine Form der Mission, wenn wir die Leute ermuntern können, dazu beizutragen, dass die Gemeinde attraktiv bleibt und attraktiver wird."
In einem weiteren Beitrag interviewt die "Welt" die evangelische Flughafen-Seelsorgerin Gabriele Pace. Sie steht zum Beispiel Reisenden zur Seite, die unter Flugangst leiden oder wegen der Wetterlage im Airport festsitzen. "Wir Mitarbeiter vom kirchlichen Dienst auf Flughäfen helfen jedem und fragen nicht danach, welcher Religion er angehört oder welche Konfession er besitzt", sagt die Pfarrerin. "Wir in München bieten sonntäglich einen evangelischen und katholischen Gottesdienst an", nur ein bis zwei Mal im Jahr komme es vor, dass sich dafür keine Besucher finden. In Deutschland, berichtet die Zeitung, seien an zehn Flughäfen evangelische und katholische Seelsorger im Einsatz.
Über den Umgang der Menschen mit der Angst hat Pace eine interessante Beobachtung gemacht: "Ich glaube schon, dass Menschen, die gläubig sind, anders im Leben verwurzelt sind, dass sie einen anderen Blickwinkel haben auf die Welt und ihre Umgebung", erklärt sie. "Ich glaube daher schon, dass gläubige Menschen weniger furchtsam sind.
Bibelauszüge für fast 2.000 Euro
Auch im Literaturteil der "Welt" wird auf den christlichen Glauben Bezug genommen. Unter der Überschrift "Das Bilderbuch Gottes" stellt die Zeitung ein Sammlerstück der besonderen Art vor. Der Faksimile-Verlag in München hat eine Sammelbox mit zwölf aufwendigen Nachbildungen aus den Handschriften der Vatikanischen Bibliothek herausgebracht. Wie die Zeitung schreibt, illustrieren die zwölf Blätter eindrucksvoll die Geschichte des christlichen Glaubens. Auf einer Seite ist beispielsweise ein Auszug aus dem ersten Petrus-Brief zu lesen, geschrieben von koptischen Christen im 3. Jahrhundert. Die Sammelbox aus Rindsleder ist mit 1.995 Euro nicht ganz billig. Immerhin: Der Verlag gestattet auch eine Zahlung auf Raten. (pro)