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Christliche NGOs und Kirchen protestieren gegen Unionspläne

Die Union plant, das Entwicklungshilfeministerium abzuschaffen. Das sorgt für Protest bei christlichen Hilfsorganisationen.
Von Anna Lutz
Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange (26) auf dem Markt von Mwaro. Sie ist eine Teilnehmerin des Programmes von Ripple Effekt. Die Brot für die Welt-Partnerorganisation fördert unter anderem nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung, Ernährungssicherung, Armutsbekämpfung und Gleichstellung der Geschlechter.

Die Koalitionsverhandlungen sind in vollem Gange und viele Pläne sind schon durchgesickert. Einer davon. Die Union will das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) abschaffen und in das Außenministerium integrieren. Die SPD ist bisher noch gegen die Pläne und wünscht sich eine bessere Koordination der Ministerien, die sich mit außenpolitischen Fragen beschäftigen. Neben dem BMZ und dem Außenministerium gilt das auch für das Verteidigungsministerium. 

Fraglich ist noch, was im Falle einer Abschaffung aus dem Beauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit wird, der im BMZ angesiedelt ist. Doch nicht nur das: Auf Anfrage von PRO haben mehrere christliche Hilfsorganisationen gegen die Abschaffung protestiert. 

Rückschläge befürchtet

„Wir sind der festen Überzeugung, dass wertegeleitete Entwicklungszusammenarbeit nur durch ein eigenständiges Entwicklungsministerium gut und im notwendigen Maße umgesetzt werden kann“, erklärt etwa ein Sprecher der evangelischen Organisation „Brot für die Welt“. Sollte das BMZ wegfallen, fürchte man Rückschläge bei der globalen Armuts- und Hungerbekämpfung, die auch auf der wichtigen Arbeit von lokalen und nationalen Partnerorganisationen basiere. 

„Deutschland spielt für sie als aktuell größter Geber eine herausragende Rolle. Was jedoch geschieht, wenn eigenständige Entwicklungsministerien abgeschafft werden, können wir in anderen Ländern wie zum Beispiel Großbritannien beobachten. Dann droht Entwicklungspolitik zu einem vernachlässigten und untergeordneten Anhängsel zu werden und die Mitgestaltungsmöglichkeiten in vielen Weltregionen gehen zurück“, heißt es vonseiten der NGO. Und weiter: „Eine Abschaffung des Entwicklungsministeriums würde Strukturen zerschlagen, die sich bewährt haben und für die Deutschland international viel Anerkennung bekommen hat.“

„Werden weniger sichtbar sein“

Ähnlich kritisch blickt die ebenfalls christliche Organisation „Coworkers“ aus Stuttgart auf die mögliche Entwicklung. Die NGO entsendet Fachkräfte an kirchliche Organisationen im globalen Süden, um Menschen vor Ort auszubilden. „Wir haben die Sorge, dass Entwicklungszusammenarbeit bei einer Fusion der Ministerien noch weniger sichtbar sein wird“, sagte Bernd Lutz am Donnerstag im Gespräch mit PRO. Auch die staatliche Förderung für diesen Zweck sieht er in Gefahr. „Jetzt sind wir noch ein eigener Titel im Haushalt eines Ministeriums, aber wenn das wegfallen sollte, werden die Mittel eventuell noch stärker gekürzt.“

Wichtig ist Lutz vor allem eines: Der Ruf der Entwicklungszusammenarbeit sei bereits angekratzt. „Man denke nur an die fast schon sprichwörtlichen Radwege in Peru“, erinnert er an die Medienberichterstattung über mögliche Geldverschwendung deutscher Mittel im Ausland. Dabei seien viele andere Projekte gelungen und wertvoll. Lutz berichtet etwa von Chirurgen, die seine Organisation in Malawi ausbilde, oder Automechaniker und Elektriker in Gambia – Fachkräfte mit Perspektive für die Zukunft, die es dort sonst nicht gäbe. „Wir haben die Chance, ganz christlich gesprochen, Ermutiger und Ermöglicher zu sein“, ist er sicher und zeigt sich „pessimistisch“, dass das auch bei einer Abschaffung des BMZ in gleicher Weise möglich bliebe.

Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz äußerten in einer gemeinsamen Stellungnahme ebenfalls ihre „große Sorge“, die Entwicklungspolitik zu kürzen. Als Grund dafür nennt der Appell einerseits humanitäre Gesichtspunkte, „die viele in unserem Land teilen, aber die leider im Diskurs der neuen Härten nicht mehr ausschlaggebend sind“. Außerdem stellten die Pläne ein Sicherheitsrisiko dar, Ursachen für Flucht würden dadurch „unverantwortlich“ gesteigert. Die Kirchen hätten tausende Kontakte zu Partnern und Projekten im globalen Süden. Diese wirkten stabilisierend – und das würde „massiv auf dem Spiel stehen“.

Entwicklungszusammenarbeit fördere Demokratie und Menschenrechte und stärke den Zusammenhalt der Menschen über Grenzen hinweg. Damit sei sie „zugleich eine elementare Investition in die eigene Sicherheit und Zukunftsfähigkeit“.

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