Christentum bleibt für die Mehrheit das kulturelle Fundament

Viele Menschen begegnen den Kirchen misstrauisch und skeptisch. Trotzdem haben christliche Werte eine breite Akzeptanz in der Gesellschaft. Warum das so ist, erklärt der Religionssoziologe Detlef Pollack in einem Gastbeitrag im Spiegel.
Von Johannes Blöcher-Weil
Der Religionssoziologe Detlef Pollack

Der Religionssoziologe Detlef Pollack beobachtet die voranschreitende Säkularisierung in Deutschland. Mittlerweile vertrauten die Menschen den politischen Parteien mehr als den Kirchen. Vor allem die mangelnde Aufarbeitung der Missbrauchsfälle habe die Kirche viel Vertrauen gekostet.

Obwohl das so ist, nehme die Bevölkerung kirchliche Dienste gerne in Anspruch. Laut einer repräsentativen Umfrage sieht eine „deutliche Mehrheit der Bevölkerung im Christentum das Fundament unserer Kultur“. Sie hätten auch nichts dagegen, Kinder mit christlichen Werten und im Geist des Christentums zu erziehen.

Bei der Geburt, der Hochzeit oder der Beerdigung wollten auch die Menschen nicht auf Gottes Segen verzichten, die sonst kaum etwas mit Kirche und Glauben anfangen könnten. Viele Konfessionslose wünschten sich, dass Kirche für die Armen, Kranken und Bedürftigen da ist. Etwa die Hälfte sagte in einer repräsentativen Umfrage auch, dass Kirche Gottesdienste feiern solle.

Christliche Glaube hilft beim Umgang mit der Begrenztheit des Lebens

„Viele haben das Gefühl, dass in den Kirchen etwas aufgehoben ist, das für unser Leben vielleicht von Bedeutung ist“, findet Pollack. Den Menschen sei bewusst, dass sie ihr Leben nicht vollständig in der Hand hätten. Genau da komme die Religion ins Spiel: „Der christliche Glaube ist eine Form des Umgangs mit der Begrenztheit unseres Lebens.“ Gebete, Lieder, Rituale und Gleichnisse könnten für „Trost, Ermutigung und Hoffnung“ sorgen. Die Gesellschaft sei eine andere, wenn sie um die Option des Glaubens wisse, mit der sie einen Sinn verbinden könne.

Während der Corona-Pandemie hätten religiöse Menschen häufiger gebetet als sonst. Wer gelernt habe zu beten, dem helfe die Religion mit der Not zurechtzukommen. Die Werte der Religion liessen sich in der größten Not nicht auf Knopfdruck aktualisieren: „Sofern wir uns aber einen Sinn für die Realität des Glaubens, für die Logik des Erbarmens, der Liebe und der Hoffnung zu bewahren vermögen, sind wir vielleicht in der Lage, auf sie zurückzugreifen, wenn wir ihrer bedürfen“, bilanziert Pollack.

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