Mit einem christlich-jüdischen Gottesdienst ist in Berlin an die Befreiung der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück durch die Rote Armee vor 75 Jahren erinnert worden. „Die Rettung im Frühjahr 1945 kam für viele Menschen zu spät und blieb ein Traum“, sagte Pröpstin Christina-Maria Bammel von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. „Aber die Überlebenden begannen mit diesem Trauma zu leben.“ Der Vorsitzende der deutschen Rabbinerkonferenz, Andreas Nachama, sprach die Verzweiflung vieler Überlebender an: „Warum durfte ich überleben und sie mussten sterben?“
Bammel stellte dem Gottesdienst in der Kirche Maria Regina Martyrum auch die Frage nach der Verantwortung: „Wo waren eigentlich die Christen, als ihre jüdischen Geschwister in den Lagern gequält und ermordet wurden?“ Nachama erinnerte an seinen Vater, der zwei Jahre lang in Konzentrationslagern versklavt gewesen und erst Anfang Mai nach dem „Todesmarsch“ im Beelower Wald befreit worden sei. „Damals fragten viele: ‚Wo war Gott in dieser Zeit?‘“, sagte Nachama. „Vater fragte: ‚Wo war der Mensch in dieser Zeit?‘“
Die ursprünglich in den Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück geplanten zentralen Veranstaltungen mussten wegen der Corona-Krise abgesagt und auf kommendes Jahr verschoben werden. Der RBB sendete den Gottesdienst ohne Publikum live aus der Gedenkkirche der deutschen Katholiken für die Opfer des Nationalsozialismus „Maria Regina Martyrum“. Im Anschluss strahlte er einen Zusammenschnitt der Gedenkfeiern ohne Gäste vom vergangenen Donnerstag aus. Auch in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Bergen-Belsen wurde am Sonntag der Befreiung des Lagers gedacht.
Von: dpa