Aus christlicher Sicht sei es bedeutsam, „ob die Erde aus Gier zerstört oder mit Umsicht für die kommenden Generationen bewahrt wird“. Daher sei Umweltschutz auch für Christen wichtig, sagt Ottmar Edenhofer, Ökonom am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Leiter des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). Vor seiner Karriere als Wirtschaftswissenschaftler hat er katholische Theologie studiert und war Mitglied des Jesuitenordens.
Edenhofer kritisiert gegenüber Zeozwei eine Ansicht, die er vor allem bei konservativen Christen findet: Gott allein weiß, wann das Ende der Welt kommt, da dürfe man ihm nicht ins Handwerk pfuschen. Edenhofer: „Das ist aber theologisch vollkommen verkehrt. Wir leben im Angesicht des Todes, unsere Taten haben darum den Charakter der Endgültigkeit. Wir können unser Leben nicht wiederholen. Daher soll der Christ so leben, dass er vor sich, seinen Mitmenschen und Gott bestehen kann.“ Zeozwei ist eine Zeitschrift „für Umwelt, Politik und Neue Wirtschaft“ aus dem Verlag taz.
Auf die Frage, ob ökologische Sünden auch theologisch gesehen Sünden seien, antwortet der Theologe, wenn der Mensch den Planeten zerstört, heiße das auch aus theologischer Perspektive, dass er die Beziehung zu seinen Mitmenschen und zu Gott zerstöre. „Gott will ja die Welt nicht zerstören, sondern vollenden.“ Und der christliche Glaube sei aber ein Angebot zur Versöhnung – auch mit der Natur.
Angst vor „grünen“ Themen
In seiner Enzyklika „Laudato si’“ hatte Papst Franziskus im Juni 2015 vor allem Umwelt- und Klimaschutz auf die Agenda der Kirchen gesetzt. Die Kirchen blieben weit hinter dem Anspruch dieses Aufrufs zurück, findet Edenhofer. „Im Alltagsbewusstsein der Gemeinden und in der Ausbildung der Priester sind diese Themen noch wenig präsent.“ Das Klimathema werde als ein Thema der grünen Bewegung wahrgenommen und sei damit negativ belastet. Denn deren Positionen zu Familie, Frauenrechten, Abtreibung und Sexualität unterschieden sich von denen der katholischen Kirche sehr.
Der Klima-Ökonom fügt hinzu: „Viele konservative Christen haben den Eindruck, das Öko-Thema sei ein trojanisches Pferd, um die Haltung der Kirchen zu diesen Themen zu verändern. […] Fundamentalistische Christen suchen Identität, Heimat, klare Strukturen und Regeln – für die Auseinandersetzung mit globalen Fragen ist da wenig Platz. Es war immer eine umstrittene Frage in den Kirchen, ob es wichtiger ist, fromm zu sein oder politisch aktiv.“
Dabei sei die Beschäftigung mit dem Thema wichtig: „Der Klimawandel verschärft das Wohlstandsgefälle zwischen Afrika und Europa, und es werden auch in Zukunft Menschen nach Europa fliehen.“ (pro)
Von: js